Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Hinterziehungszinsen zur Vermögensteuer von einem Erben

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Festsetzung von Hinterziehungszinsen für hinterzogene Vermögensteuer steht nicht entgegen, daß der Steuerpflichtige, der eine Steuerhinterziehung begangen hat, nicht mehr am Leben ist. Die Hinterziehungszinsen können gegen seinen Gesamtrechtsnachfolger festgesetzt werden.

 

Normenkette

KStG § 10 Nr. 1; EMRK Art. 6 Abs. 2; AO §§ 370, 235 Abs. 1 S. 1, § 235 Nr. 5 a. F

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Hinblick auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. 6. 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) zur Verfassungswidrigkeit des § 10 Nr. 1 VStG und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. 8. 1997 (Az. 71/1996/690/882) zur Verletzung des Art. 6 § 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - MRK - durch eine Geldstrafe für Steuerhinterziehung durch den Erblasser nach schweizerischem Recht gegenüber der Klägerin als Erbin Hinterziehungszinsen für Vermögensteuerhinterziehungen ihrer Eltern festgesetzt werden können.

Die Klägerin, für deren Vermögensverwaltung ein Betreuer bestellt ist, ist seit Geburt behindert. Sie ist befreite Vorerbin ihrer am 17. 10. 1993 verstorbenen Mutter. Diese war Alleinerbin des am 12. 7. 1991 verstorbenen Vaters der Klägerin. Die Klägerin wurde zusammen mit ihren Eltern zur Vermögensteuer veranlagt.

Die für jedes Jahr abgegebenen Vermögensteuererklärungen, die unter Mitwirkung ihres Steuerberaters erstellt wurden, wurden bis einschließlich für das Jahr 1989 von beiden Eltern unterschrieben, die für 1990 mit 1992 nur noch von der Mutter. Die im Oktober 1994 eingereichte Vermögensteuererklärung auf den 1. 1. 1993 wurde vom Betreuer der Klägerin unterschrieben. In den Vermögensteuererklärungen für die Jahre 1985 bis einschließlich 1988 wurden weder ausländische Guthaben oder Beteiligungen erklärt noch wurden in den Erklärungen bis einschließlich 1992 Angaben zu Kunstgegenständen und Sammlungen gemacht. Für die Jahre 1989 bis 1991 wurden in den Vermögensteuererklärungen - allerdings nicht in den für ausländische Zahlungsmittel und Guthaben vorgesehenen Spalten - ausländische Anleihen und ab 1990 ein jährlich ansteigendes Festgeldguthaben in ECU mit einem Wert von zuletzt 447.096 DM im Jahr 1993 erklärt. In den Vermögensteuererklärungen auf den 1. 1. 1992 und 1. 1. 1993 wurden erstmals in den Spalten für Auslandswerte jeweils zwei Wertpapierguthaben und die Festgeldanlage in ECU angeführt. Zu Kunstgegenständen und Sammlungen wurde lediglich in der Erklärung auf den 1. 1. 1993 unter Hinweis auf Verkäufe angegeben, daß deren gemeiner Wert noch mitgeteilt werde.

Nach den im März 1995 vom Betreuer für die Klägerin beim Finanzamt ... eingereichten Erbschaftsteuererklärungen hatten die Eltern der Klägerin Kunstgegenstände und eine Waffensammlung, aus deren Verkauf in den Jahren 1992 bis 1994 908.000 DM erlöst wurden. Zudem bestand danach beim Tod der Mutter ein Wertpapierdepot in ... über 910.121 DM. Von diesen Vermögenswerten erfuhr das beklagte Finanzamt durch eine Kontrollmitteilung des Finanzamts ... vom 4. 12. 1995. Im Rahmen einer 1997 durchgeführten Außenprüfung, die u. a. die Vermögensteuer ab 1. 1. 1985 umfaßte, wurde nach einem Aktenvermerk des Finanzamts in einer Besprechung mit dem Steuerberater und dem Betreuer der Klägerin am 18. 6. 1997 Einvernehmen darüber erzielt, daß das nicht erklärte Kapitalvermögen zum 1. 1. 1993 mit 850.000 DM angesetzt und für die Vorjahre mit jeweils 6 % abgezinst wird. Das Finanzamt erließ am 10. 7. 1997 einen Neuveranlagungsbescheid auf den 1. 1. 1985 und für die Stichtage 1. 1. 1986 bis 1. 1. 1993 geänderte Bescheide; es setzte darin unter Berücksichtigung des nacherklärten ausländischen Kapitalvermögens lt. dem Ergebnis der Besprechung vom 18. 6. 1997 sowie der Kunst- und Waffensammlung mit jeweils 455.000 DM und 208.000 DM zum 1. 1. 1985 die Vermögensteuer jeweils höher fest. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 6. 10. 1997 setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrer Mutter Hinterziehungszinsen zur Vermögensteuer 1985 bis 1993 in Höhe von 14.561 DM fest. Es legte dabei ausgehend von den zu verzinsenden Mehrbeträgen aufgrund der geänderten Vermögensteuerfestsetzungen vom 10. 7. 1997 einen Zinsbetrag von 20.311 DM - davon für 1993 775 DM - zugrunde und zog davon für die Vermögensteuer ab 1989 anzurechnende Zinsen nach § 232a AO i. H. v. zusammen 5.750 DM - davon 650 DM (für 1993) - ab. Der Betreuer der Klägerin erhob gegen den Bescheid Einspruch und machte geltend, daß die Festsetzung von Hinterziehungszinsen gegen die Klägerin, welche keine Verantwortung für Steuerhinterziehungen treffe, dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. 8. 1997 widerspreche. Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 10. 12. 1998 als unbegründet zurück.

Mit der dagegen erhobenen Klage wird beantragt, den Besc...

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