rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld bzw. Behinderten-Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 EStG für ein behindertes volljähriges Kind, das teilstationär in einer Werkstatt für Behinderte untergebracht ist?

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges behindertes Pflegekind, das teilstationär in einer Werkstatt für Behinderte untergebracht ist, setzt u. a. voraus, dass die Pflegeeltern einen nicht unwesentlichen Unterhaltsbeitrag leisten, der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ca. 20 % der gesamten Unterhaltskosten des Kindes beträgt, d. h. bei teilstationärer Unterbringung, dass ein nicht gedeckter Unterhaltsbetrag in dieser Größenordnung verbleibt, der von den Pflegeeltern zu tragen ist.

Neben den Kosten der teilstationären Unterbringung kommt zur Abgeltung des daneben anfallenden behinderungsbedingten Mehrbedarfs ein Abzug in Höhe des Behinderten-Pauschbetrags gem. § 33b Abs. 3 EStG in Betracht, wenn im Einzelnen dargelegt wird, welche zusätzlichen behinderungsbedingten Mehraufwendungen durch die Versorgung und Betreuung entstanden sind.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 33b Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.08.2004; Aktenzeichen VIII R 50/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für den in einer Behindertenwerkstatt teilstationär untergebrachten Bruder Anspruch auf Kindergeld besteht.

Der am 05.10.1951 geborene Bruder der Klägerin, A. B. , lebt seit 01.08.1990 in ihrem Haushalt. Er ist zu 100 % in der Erwerbsfähigkeit gemindert. Im Schwerbehindertenausweis sind zusätzlich die Merkzeichen G und H eingetragen. Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen. A. B. ist seit 03.01.1977 in einer Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe e. V. C. teilstationär untergebracht. Die Kosten hierfür - einschließlich der Kosten für das Mittagessen bis 30.06.2001 - trug der Bezirk Unterfranken im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Insgesamt wurden in den Jahren 1998 - 2001 folgende Leistungen erbracht:

1998

DM

1999

DM

2000

DM

2001

DM

Werkstattkosten

15.286,31

15.265,61

15.660,74

16.567,49

Transportkosten

-

3.308,89

3.421,63

4.031,62

Sozialversicherungsbeiträge

2.471,38

2.112,48

2.198,20

2.208,16

Ferienmaßnahmen

50,00

-

50,00

-

In den Werkstattkosten sind nach Auskunft des Bezirks ... die von der Behindertenwerkstatt pauschal in Rechnung gestellten Kosten für das Mittagessen in Höhe von monatlich 56,88 DM enthalten. A. B. nahm ab 06.08.2001 nicht mehr am Mittagessen teil.

Für seine Tätigkeit in der Werkstatt erhielt er einen jährlichen Brutto-Arbeitslohn in Höhe von 4.665 DM in 1998, 3.649,83 DM in 1999, 4.340 DM in 2000 und 4.130 DM in 2001. Daneben bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 1.127,79 DM ab 01.07.1997, 1.132,78 DM ab 01.07.1998, 1.148 DM ab 01.07.1999, 1. 154,89 DM ab 01.07.2000, 1.177 DM vom 01.07. bis 31.12.2001 und 601,79 € ab 01.01.2002. Nach Abzug der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden ab 01.07.1997 1.042,09 DM, ab 01.07.1998 1.043,86 DM, ab 01.07.1999 1.068,79 DM, ab 01.07.2000 1.075,21 DM, vom 01.07. - 31.12.2001 1.095,79 DM und ab 01.01.2002 560,27 € an ihn ausbezahlt. Weiterhin wurde Pflegegeld in Höhe von monatlich 400 DM bewilligt.

Die Klägerin ist seit 1988 als Pflegerin und seit Mai 1997 als Betreuerin für A. B. bestellt. Ihr Vater ist verstorben, die Mutter ist unbekannt verzogen.

Das Kindergeld wurde ab Oktober 1995 zunächst laufend an die Klägerin ausbezahlt. Nach Bekanntwerden der Einkünfte und Bezüge des Bruders wurde die Festsetzung des Kindergeldes mit Bescheid vom 24.11.1997 mit Wirkung ab Dezember 1997 für die Zukunft aufgehoben. Einspruch und Klage blieben erfolglos; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 01.04.1998 und das Urteil der Berichterstatterin vom 29.07.1998 IV 158/98 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29.02.2000, das der Familienkasse am 02.03.2000 zuging, beantragte die Klägerin erneut Kindergeld für ihren Bruder. Im Bescheid vom 23.03.2000 wurde der Antrag abgelehnt und das Kindergeld auf 0 DM festgesetzt. Die Klägerin erklärte im Rahmen des Einspruchsverfahrens, dass behinderungsbedingte Mehraufwendungen mit Ausnahme der Kosten für die Werkstatt und die Pflege nicht nachgewiesen werden könnten. A. B. werde, soweit er sich nicht in der Behindertenwerkstatt aufhalte, umfassend in ihrem Haushalt betreut und versorgt. Über den Umfang der Betreuungs- und Unterhaltsleistungen habe sie nicht Buch geführt. Sie gehe davon aus, dass A. B. zu einem nicht unwesentlichen Teil von ihr unterhalten werde. Mit den Bescheiden vom 19.02.2001 wurde der Bescheid vom 23.03.2000 aufgehoben und das Kindergeld erneut auf 0 DM festgesetzt.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2001 Bezug genommen.

Mit der Klage beantragt die Klägerin, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19.02.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2001 die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für A. B....

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