Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung von Unterhaltszahlungen in voller Höhe oder nur zeitanteilig für den nach der Zahlung verbliebenen Teil des Kalenderjahres

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung steht einer Berücksichtigung einer für das nächste Kalenderjahr geleisteten Unterhaltszahlung im Jahr der Zahlung nicht entgegen (entgegen bisheriger BFH-Rechtsprechung, vgl. u. a. BFH VI R 16/09 vom 11.11.2010).

 

Normenkette

EStG § 33a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen VI R 35/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Unterhaltszahlungen an den im Ausland lebenden Schwiegervater des Klägers in voller Höhe oder nur zeitanteilig für den nach der Zahlung verbliebenen Teil des Kalenderjahres anzuerkennen sind.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden für das Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2010 vom 30.12.2014 machten der Kläger und seine Ehefrau eine Unterhaltszahlung an den in Brasilien lebenden Schwiegervater des Klägers vom 02.12.2010 i. H. v. 3.000 € als außergewöhnliche Belastung gem. § 33a EStG geltend. Sie legten eine Unterhaltserklärung für das Kalenderjahr 2010 vor, in der die brasilianischen Behörden bescheinigen, dass der Schwiegervater des Klägers, S, geb. am 06.07.1936, in R wohnhaft sei. Dazu, ob er mit anderen Personen zusammen in einem Haushalt lebe, wurden in dem Formular, obwohl ausdrücklich danach gefragt war, keine Angaben gemacht. Der Schwiegervater des Klägers sei verwitwet, übe keine Berufstätigkeit aus und beziehe lediglich eine Rente i. H. v. umgerechnet 221,57 € monatlich. Er verfüge über kein Vermögen, insbesondere auch nicht über Grundbesitz. Er sei daher nicht in der Lage, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Vor Erhalt der Unterhaltszahlungen habe er seinen Lebensunterhalt aus seiner Rente bestritten. Er lebe nicht zusammen mit anderen unterstützten Personen in einem Haushalt und werde auch nicht von anderen Personen unterstützt. Außerdem legten der Kläger und seine Ehefrau einen Kontoauszug vor, aus dem sich die Zahlung am 02.12.2010 i. H. v. 3.000 € ergibt.

Wie sich aus der für den Veranlagungszeitraum 2011 vorgelegten Unterhaltsbescheinigung ergibt, erhöhte sich die Rente des Schwiegervaters des Klägers im Jahr 2011 auf 234,26 €/Monat. Die übrigen Voraussetzungen der Unterhaltsbedürftigkeit lagen unverändert vor. Wie sich einem ebenfalls vorgelegten Bankauszug entnehmen lässt, haben der Kläger und seine Ehefrau die nächste Überweisung i. H. v. 3.000 € am 06.05.2011 vorgenommen.

Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20.02.2015 berücksichtigte das Finanzamt die Unterhaltszahlung zunächst nur i. H. v. 223 €. Zur Begründung wurde in den Erläuterungen ausgeführt, die Unterhaltszahlungen seien mit dem zulässigen Höchstbetrag unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person berücksichtigt worden.

Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau am 23.03.2015 Einspruch ein. Sie begehrten die Anerkennung der Differenz zwischen dem von ihnen angesetzten Bedarf des Vaters der Klägerin i. H. v. 4.002 € und seinen Einkünften i. H. v. 2.346,84 €, also 1.655,16 €. Die Unterhaltszahlungen seien im Dezember 2010 für ein ganzes Jahr überwiesen worden. Eine monatliche Zahlung sei wegen der hohen Gebühren für Auslandsüberweisungen nicht sinnvoll. In früheren Veranlagungszeiträumen sei diese Handhabung nicht beanstandet worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.12.2015 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2010 auf 1.710 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Unterhaltszahlungen seien nur zeitanteilig anzuerkennen. Unterhaltsleistungen könnten nur abgezogen werden, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kalenderjahr der Leistung dienten. Für die Zahlung im Dezember 2010 könne daher nur der zeitanteilige Höchstbetrag für Dezember berücksichtigt werden (BMF-Schreiben vom 07.06.2010, IV C 4 - S-2285/07/0006:001 - 2010/0415753, BStBl. I 2010, 588, ESt-Handbuch Anhang 3, Tz. 25 und 27). Eine Bindung an die Sachbehandlung in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen bestehe nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung nicht. Eine unrichtige Rechtsanwendung sei zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu korrigieren, auch wenn der Steuerpflichtige auf sie vertraut haben sollte (BFH-Urteil vom 28.02.1990 I R 120/86, BFHE 160, 96, BStBl. II 1990, 553). Für das Streitjahr ergebe sich daher folgende Berechnung der anzusetzenden Unterhaltsaufwendungen:

Höchstbetrag Brasilien: 1/2 von 8.004 €, also 4.002 €

zeitanteilig für einen Monat 1/12 aus 4.002 €, also

333 €

Rente des Vaters i. H. v. 221,57 € x 12 Monate = 2.658 €

abzüglich Freibetrag und Werbungskostenpauschale i. H. v. 282 € = 2.376 €

davon anrechnungsfrei 312 €

also abzüglich 2.064 € / 12 Monate =

172 €

anzuerkennender Unterhalt also für 1 Monat 333 € - 172 € =

161 €

Trotz der Minderung der anzuerkennende...

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