Entscheidungsstichwort (Thema)

Ertragsteuern auf Tätigkeit des Insolvenzschuldners, die ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wird und deren Erträge nicht zur Masse gelangt sind

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf Einkünfte des Insolvenzschuldners aus gewerblicher Tätigkeit entfallenden Ertragsteuern sind keine „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn der Insolvenzschuldner die Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausgeübt hat und die Erträge tatsächlich nicht zur Masse gelangt sind.

Unter Neuerwerb im Sinne des § 35 Abs. 1 InsO 2007 ist das neu erworbene Nettovermögen, also das Aktivvermögen nach Abzug der Neuverbindlichkeiten zu verstehen.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 35 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.05.2010; Aktenzeichen X R 11/09)

BFH (Urteil vom 18.05.2010; Aktenzeichen X R 11/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob aufgrund einer neuen gewerblichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter festgesetzt werden kann.

Der Insolvenzschuldner betrieb das Einzelunternehmen A, eingetragen als Einzelfirma im Handelsregister des Amtsgerichts 1 unter Nr. A. Gegenstand des Unternehmens war eine Rolladen- und Fensterfabrikation.

Auf Antrag des Insolvenzschuldners vom 14.05.1999 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – 1 vom 30.07.1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Az. ...). Das Gewerbe wurde zum 30.08.1999 abgemeldet.

Vor und nach Insolvenzeröffnung ist es nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft 1 zu zahlreichen Vermögensverschiebungen gekommen, für die ausschließlich der Insolvenzschuldner verantwortlich sein soll. Der Insolvenzschuldner hat nach der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft 1 vom 12.10.2001 (Az. ...) strafbare Handlungen begangen, indem er Gegenstände, die zur Masse gehörten, an Dritte veräußert, beiseitegeschafft oder verheimlicht hat. Dies sei zum Teil unter Beteiligung von in 2 ansässigen Unternehmen geschehen, an denen der Insolvenzschuldner beteiligt war. Die Erträge aus der Tätigkeit seien nach der Staatsanwaltschaft 1 nicht nach § 35 InsO zur Masse herausgegeben worden. Der Kläger stellte am 23.07.2005 bei der Staatsanwaltschaft 1 Strafanzeige gegen den Insolvenzschuldner wegen des Verdachts auf Veruntreuung und Unterschlagung von Massemitteln und Bankrotthandlungen. Die Staatsanwaltschaft stellte dieses Verfahren am 22.08.2005 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung ein, da diese Strafvorwürfe bereits Gegenstand des Strafverfahrens unter dem Az. sind.

Im Rahmen der Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung, die mit Bericht vom 08.12.2004 abgeschlossen wurde, fand das Finanzamt Rechnungen der Firmen Fa. 1 und Fa. 2, beide, 2, an die Firma A GmbH in 1 aus den Jahren 1999 und 2000 vor. Mit den Rechnungen, die Buchungs- und Zahlungsvermerke tragen, wurden im Jahr 1999 Beratungs- und Vermittlungsleistungen in Höhe von 24.070 DM und die Lieferung von Waren und Werkzeugen in Höhe von 8.879 DM sowie im Jahr 2000 Beratungs- und Vermittlungsleistungen in Höhe von 30.745 DM und die Lieferung von Waren und Werkzeugen in Höhe von 40.000 DM jeweils zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma A GmbH in 1 ist A1, der Sohn des Insolvenzschuldners. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Insolvenzschuldner die spanischen Firmen nur zum Schein vorgeschaltet habe und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund eigener Beratungsleistungen u.a. auch über die spanischen Firmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.931 DM im Jahr 1999, 114.380 DM im Jahr 2000 und 2.784 DM im Jahr 2001 erzielt habe.

Mit Einkommensteuerbescheiden vom 01.04.2005 und 25.04.2005 setzte das Finanzamt dem Bericht der Steuerfahndung folgend gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter Einkommensteuer für den Zeitraum vom 30.07.1999 bis 31.12.1999 in Höhe von 1.417 DM und für 2000 in Höhe von 34.118 DM sowie mit Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 01.04.2005 in Höhe von 4.030 DM fest. Am 01.04.2005 erging zudem an den Kläger ein Bescheid für 2000 über den Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 1.269 DM und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 über 0 DM.

Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.

Mit der Klage begehrt der Prozessbevollmächtigte die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1999 (für den Zeitraum 30.07.1999 bis 31.12.1999), 2000 und 2001 jeweils vom 01.04.2005 und 25.04.2005, des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 vom 01.04.2005, des Bescheids für 2000 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 01.04.2005 und der Einspruchsentscheidung dazu vom...

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