Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung von Aufwendungen für die Modernisierung oder Sanierung einer Immobilie in die Bemesssungsgrundlage der Grunderwerbsteuer im Rahmen eines sog. "Einheitlichen Vertragswerks"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ergibt sich aus den weiteren mit einem Grundstückskaufvertrag in engen rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehenden Vereinbarungen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand bzw. das bei Abschluss des Kaufvertrages unsanierte Gebäude in saniertem Zustand erhalten sollt, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

2.  

  1. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang liegt u.a. dann vor, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung bzw. Sanierung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei ist.
  2. Dies kann sich aus einer rechtlichen Bindung zum Abschluss des Bebauungsvertrages vor oder zeitgleich mit Abschluss des Grundstücksvertrags, aber auch aus faktischen Zwängen sowie bei Hinnahme eines von der Veräußererseite vorbehaltenen Geschehensablaufs bei Abschluss des Bauvertrages nach dem Grundstückskaufvertrag ergeben. Als Indiz für einen faktischen Zwang kann ein "paralleler Geschehensablauf", d.h. der Abschluss der Bauerrichtungsverträge immer mit demselben Unternehmen bei benachbarten Projekten, gewertet werden. Die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung kann dabei inhaltlich maßgebend auch von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden sein.
  3. Als Indiz für einen faktischen Zwang kann ein "paralleler Geschehensablauf", d.h. der Abschluss der Bauerrichtungsverträge immer mit demselben Unternehmen bei benachbarten Projekten, gewertet werden. Die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung kann dabei inhaltlich maßgebend auch von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden sein.
  4. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang kann auch dann vorliegen, wenn ein längerer Zeitraum zwischen Abschluss des Kaufvertrages und der Angebotsannahme eines Bauleistungsvertrages liegt und besondere Umstände hinzutreten.
  5. Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Bauvertrag und Kaufvertrag wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen; maßgebend ist der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf.

3. Treten auf Veräußererseite mehrere Personen auf, ist Voraussetzung, dass diese personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich miteinander eng verbunden sind oder auf Grund von (nicht notwendigerweise vertraglichen) Abreden auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung bzw. Sanierung dienen, hinwirken. Eine Abrede auf der Veräußererseite muss für den Erwerber nicht erkennbar sein. Es ist ausreichend, wenn sie anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann. Ob eine Abrede auf der Veräußererseite vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Anhaltspunkte für Abreden der Veräußererseite können n z.B. ein gemeinsamer Vermarktungsprospekt oder ein gemeinsamer Internetauftritt des Grundstücksveräußerers und des Bauunternehmens bzw. der für sie handelnden Personen sein.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufwendungen der Kläger für die Modernisierung des Mehrfamilienhauses in der Str. 1 in 1, welche die Firma A GmbH vorgenommen hat, der Bemessungsgrundlage zur Grunderwerbsteuer im Rahmen eines sog. "Einheitlichen Vertragswerks" hinzuzurechnen sind.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 23.12.2009 (URNr. /2009 des Notars B, 1) und Messungsanerkennung und Auflassung vom 10.11.2010 (URNr. /2010) erwarben die Kläger von der Firma C GmbH & Co. KG (künftig: C) das im Grundbuch des Amtsgerichts 1 für 2 Blatt xxxx eingetragene Grundstück, Flst.Nr. xx/xxx (Str. 1, Gebäude- und Freifläche zu 800 qm) zum Miteigentum je zur Hälfte zum Kaufpreis von 465.000 €. Das Grundstück befindet sich in 1-Siedlung und gehört zum Stadtquartier "3". Nach der Altstadt 1 stellt das Stadtquartier "3" das größte zusammenhängende Denkmalensemble 1s dar.

Im notariellen Kaufvertrag verpflichteten sich die Käufer, den Verkäufer über den Stand und Gang des Baugenehmigungsverfahrens zur Sanierung des Mehrfamilienhauses zu unterrichten und ihm die Baugenehmigung zur Kenntnis zu bringen (vgl. B) Verkauf, I. Kaufpreis, Nr. 1). Die Fälligkeit des Kaufpreises hing von der Erteilung der vom Verkäufer bereits beantragten Baugenehmigung für die vom Käufer geplante Baumaßnahme ab. Die Kosten der Baugenehmigung waren im Kaufpreis enthalten. Unter B) Verkauf, II. Besitz und Lasten verpflichtete sich der Verkäufer, durch Umsetzung der Mieter bzw. Mietfreimachung die Voraussetzungen für den tatsächlichen Beginn der vom Käufer geplanten Baumaßnah...

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