Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuer-Haftung einer im Inland ansässigen GmbH für Geschäftsführer, die von der österreichischen Konzerngesellschaft nach Deutschland entsandt werden

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat eine im Ausland (hier: Österreich) ansässige Konzerngesellschaft gegenüber den zu einer im Inland ansässigen Organgesellschaft entsandten Geschäftsführern die alleinige unmittelbare Weisungsbefugnis, so ist ausschließlich die Konzerngesellschaft als Arbeitgeber anzusehen. Dem steht die Organstellung der Geschäftsführer bei der inländischen GmbH nicht entgegen. Die fehlende Arbeitgebereigenschaft der GmbH steht ihrer Haftungsinanspruchnahme nach § 42d EStG entgegen.

 

Normenkette

EStG § 42d Abs. 1 Ziff. 1, § 38 Abs. 1 Ziff. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.02.2004; Aktenzeichen VI R 122/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin nach § 42d EStG verpflichtet war, für ihre Geschäftsführer, die von einer österreichischen Firma nach Deutschland entsandt waren, Lohnsteuer einzubehalten und an das beklagte Finanzamt abzuführen.

Das Finanzamt nahm mit Haftungsbescheid vom 23. 5. 1995 die Klägerin nach § 42d EStG dafür in Anspruch, daß sie 1990, 1991 und von Januar bis September 1992 keine Lohnsteuer für ihre Geschäftsführer Dr. ... und ... abgeführt hatte. Dem Haftungsbescheid legte das Finanzamt folgende Feststellungen und Überlegungen zugrunde:

Die Klägerin war die Komplementär-GmbH der Firma ... GmbH & Co. KG, die seit 1. 1. 1990 eine 100%ige Tochter der ... GmbH in ... war, die wiederum eine 100%ige Tochter der ... in ... (künftig: österreichische Konzerngesellschaft) war. Als Komplementär-GmbH war die Klägerin mit ihren Geschäftsführern für die Geschäftsführung bei der ... GmbH & Co. KG verantwortlich. Die Geschäftsführer der Klägerin waren vor dem 1. 1. 1991 die Herren Dr. ... und ... und danach Herr ..., sämtliche österreichische Staatsbürger. Die österreichische Konzerngesellschaft belastete die ... KG mit den Personalkosten der Klägerin, die selbst keine Ausgaben für die Geschäftsführung auswies. Darin sah das Finanzamt eine Lohnzahlung durch Dritte, so daß die der ... KG belasteten Gehaltszahlungen als Arbeitslohn bei der Klägerin zu versteuern seien, weil Organe von Kapitalgesellschaften im Tätigkeitsstaat ein Arbeitsverhältnis begründen würden und damit ihre Einkünfte der Besteuerung im Inland unterlägen, und zwar wegen der Umstände des Einzelfalles der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Weil die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderungen keine Angaben über die Personalkosten gemacht habe, hätten die anfallenden Lohnsteuerbeträge im Schätzungswege ermittelt werden müssen. Das Finanzamt nahm einen monatlichen Arbeitslohn von 15.000 DM und die Lohnsteuerklasse 1 an, so daß es für 1990 und 1991 jeweils einen Betrag von 69.570 DM Lohnsteuer und 2.608 DM Solidaritätszuschlag im Jahr 1991 und für die ersten 9 Monate des Jahres 1992 den Betrag von 52.178 DM und 2.608 DM Solidaritätszuschlag ansetzte.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie folgendermaßen begründete:

Die Herren Dr. ... und ... hätten nicht die Geschäfte der Klägerin geführt, sondern die Geschäfte der Firmen ...maschinen GmbH & Co. KG, ..., der ... GmbH & Co. KG ,..., und der Grundstücksgesellschaft GmbH & Co. KG, ... Somit seien sie nicht Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, sondern mehrerer Personengesellschaften gewesen. Die Bestellung als Geschäftsführer der Klägerin sei rein formaler Natur, weil das Gesellschaftsrecht bei der GmbH & Co. KG eine unmittelbare Geschäftsführerbestellung bei der KG nicht zulasse. Das Steuerrecht dürfe hier nicht die rein juristisch formalen Kriterien zugrunde legen, sondern müsse der wirtschaftlichen Betrachtungsweise folgen. Die drei Herren hätten ihre Geschäftsführerbezüge nicht für die Führung der Geschäfte der Verwaltungs-GmbH erhalten und fast ausschließlich für die Personengesellschaften gearbeitet. Für die Klägerin hätten sie lediglich die Aufgabe gehabt, einmal im Jahr die Bilanz zu unterschreiben und ein paar Überweisungsformulare auszufüllen. Für den Geschäftsführer einer Personengesellschaft sehe das DBA mit Österreich jedoch keine Lohnsteuerpflicht am Sitz der Gesellschaft vor, so daß die allgemeinen Grundsätze gelten würden. Ein Arbeitsverhältnis zur Klägerin habe jedoch nicht bestanden. Die Geschäftsführer seien von der österreichischen Konzerngesellschaft entsandt und auch von dort entlohnt worden.

Auf Anfrage teilten die Geschäftsführer dem Finanzamt mit, daß ihre Steuern im Wege des Lohnsteuerabzugs von ihrem österreichischen Arbeitgeber, der ... GmbH, ..., abgezogen und ordnungsgemäß an das österreichische Finanzamt abgeführt worden seien.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 3. September 1997, in der allein über den Einspruch in Sachen Lohnsteuer 1990 entschieden wurde, wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Es führte folgendes aus:

Die Klägerin sei der inländische Arbeitgeber ihrer zeitweiligen Geschäftsführer Dr. ... und ... gewesen, weil sie der Klägerin ihre A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge