Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Steuer auf einen durch Erlass einer Darlehensschuld bei einer Handelsvertretung entstandener Sanierungsgewinn ist nicht gem. § 163 AO abweichend festzusetzen, wenn es an einer Sanierungsabsicht der Gläubigerbank fehlt und auch keine ernsthafte Krise des Unternehmens bestanden hat, weil das Unternehmen trotz bilanzieller Überschuldung durch ein Zweikontenmodell noch nicht in die Verlustzone geraten ist und der Inhaber der Handelsvertretung über genügendes Privatvermögen verfügt. Beruht die unternehmerische Fehlentwicklung überwiegend auf hohen Privatentnahmen, kann es bei der Steuerpflicht eines Sanierungsgewinns verbleiben.

 

Normenkette

AO § 163 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen X R 39/10)

BFH (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen X R 39/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, aus Billigkeitsgründen die Einkommensteuer insoweit herabzusetzen, als ein Sanierungsgewinn entstanden ist.

Die Kläger sind Eheleute und wurden zur Einkommensteuer des Streitjahres 2005 zusammenveranlagt. Der Kläger betreibt eine Handelsvertretung mit Sitz in K-Stadt. Für das Jahr 2005 erklärte er durch Bestandsvergleich ermittelte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 454.118 EUR. In diesem Gewinn enthalten war ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von 511.608,13 EUR. Dieser resultierte aus einem teilweisen Darlehensverzicht der E-Bank.

Hintergrund des Darlehensverzichtes war Folgender:

Der Kläger errichtete im Jahr 1997 auf dem Grundstück C-Str. 1 in K-Stadt ein privates Einfamilienhaus. Im Rahmen des seinerzeit steuerlich anerkannten sog. Zwei-Konten-Modells entnahm der Kläger seinem Unternehmen finanzielle Mittel für den Hausbau und finanzierte anschließend betrieblichen Mittelbedarf in Höhe eines Betrags von DM 3.065.000 über mehrere Darlehen bei der E-Bank. Die Sicherung der Darlehen erfolgte durch Grundschulden sowohl auf der vorgenannten Immobilie (2.900.000 DM = 1.482.746 EUR) sowie auf zwei weiteren Immobilien des Klägers in K-Stadt (T-Str. 2 / 3, insgesamt 158.500 EUR). Ferner trat der Kläger Ansprüche aus Lebensversicherungen an die Bank ab. Im Jahr 2000 erfolgten Umfinanzierungen, da der Kläger – bedingt durch rückläufige betriebliche Erträge, steigende betriebliche Kosten und hohe Privataufwendungen – die Kapitaldienste gegenüber der E-Bank nur noch schwer leisten konnte.

Der Verkehrswert der Immobilie C-Str. 1, der im Herstellungsjahr 1997 noch mit 2.900.000 DM (= 1.487.746 EUR) bestimmt worden war, wurde im Jahr 2002 aufgrund schlechter Verwertbarkeit des Objekts nur noch mit 950.000 EUR geschätzt. Der Verkehrswert der Immobilien T-Str. 2 / 3 betrug 180.000 EUR.

Nachdem der Kläger aufgrund eines weiteren Rückgangs der betrieblichen Erträge – insbesondere aufgrund des Wegfalls von Handelsvertretungen – mit Beginn des Jahres 2002 seine Verpflichtungen gegenüber der E-Bank nicht mehr rechtzeitig und vollständig erfüllen konnte, kündigte die Bank am 17.7.2002 die Darlehen. Eine Rückzahlung der Darlehen erfolgte zunächst nicht. Die E-Bank betrieb daraufhin aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts K-Stadt vom 7.4.2003 die Zwangsvollstreckung in das Grundstück C-Str. 1. Die Vollziehung der Vollstreckung wurde durch auflagegemäße Zahlung des Klägers von monatlich 6.000 EUR ausgesetzt. Die Beantragung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wurde durch die E-Bank nicht angedroht.

Mit dem Ziel einer Umfinanzierung der Verbindlichkeiten des Klägers und der Vermeidung der Zwangsvollstreckung der Immobilie C-Str. 1 erfolgten ab Frühjahr des Jahres 2004 Verhandlungen des Klägers mit der E- Bank und der Sparkasse X-Stadt. Ein Sanierungsplan wurde nicht aufgestellt. Ergebnis dieser Verhandlungen war Ende des Jahres 2004, dass die Sparkasse X-Stadt dem Kläger zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 1,1 Millionen EUR zu einem Zinssatz von 5,7 % gewährte. Dabei zahlte die Sparkasse X-Stadt der E-Bank einen Betrag von 900.000 EUR aus einem endfälligen Darlehen des Klägers mit fester Verzinsung aus. Zudem kündigte und verwertete der Kläger drei Lebensversicherungen und verwandte die Erlöse in Höhe von 231.388 EUR zur Tilgung der Verbindlichkeiten bei der E-Bank. Ferner zahlte der Kläger zur Ablösung eines sicherungsübereigneten PKW ca. 20.000 EUR an die E-Bank. Im Gegenzug verpflichtete sich die E-Bank, die zu ihren Gunsten bestellten Grundschulden an die Sparkasse X-Stadt abzutreten und die restlichen Darlehensverbindlichkeiten des Klägers zu erlassen. Mit Schreiben vom 7.1.2005 bestätigte die E-Bank, dass nach Zahlungseingang die Grundpfandrechte an die Sparkasse X-Stadt abgetreten und keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger geltend gemacht würden. Gegenüber dem beklagten Finanzamt erklärte die E-Bank in einem Schreiben vom 26.09.2007, vor Abschluss der Verhandlungen habe der Kläger verschiedene Zahlungsvorschläge „insbesondere zur Vermeidung der Zwangsversteigerung der Immobilie” C-Str. 1 unterbreitet.

Die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2005 erfolgt...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge