Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer eines Schulleiters. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Schulleiter steht weder allgemein in der Schule (Klassenzimmer oder Lehrerzimmer), noch in seinem Schulbüro ein anderer Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG zur Verfügung, wenn im Schulgebäude während der Heizperiode außerhalb der Unterrichtszeiten eine Temperaturabsenkung auf 13 – 14 Grad Celsius erfolgt, und somit jedenfalls in den Monaten Oktober bis März Nachmittags und Abends Temperaturen unterhalb des arbeitsschutzrechtlich Zulässigen herrschen. Da die Nutzung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten unter diesen Umständen nicht ganzjährig möglich ist, sind die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen des Höchstbetrages als Werbungskosten abzugsfähig.

 

Normenkette

EStG 1990 § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2, § 9 Abs. 5

 

Tenor

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 27.02.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.1997 wird die Einkommensteuer 1996 auf… DM festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann.

Der Kl. war im Streitjahr 1996 57 Jahre alt. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.. Er leitet als Hauptlehrer eine Grundschule, an der etwa 160 Schüler unterrichtet werden. Neben dem Kl. sind an der Schule noch acht andere Lehrkräfte tätig. Eine Schulsekretärin ist nicht angestellt. Er erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machte er Aufwendungen für das Arbeitszimmer in unstreitiger Höhe von 1.431 DM als WK geltend. Bei der mit Bescheid vom 27.02.1997 durchgeführten Einkommensteuer (ESt)-Veranlagung ließ der Beklagte diese Aufwendungen unberücksichtigt. Zur Begründung verwies er darauf, der Kläger verfüge als Schulleiter grundsätzlich über ein Arbeitszimmer in der Schule. Anderenfalls stehe ihm frei, eine entsprechende Bescheinigung des Schulträgers vorzulegen. Er setzte die ESt 1996 teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf… DM fest.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, sein Büro im Schulgebäude diene ausschließlich der Verwaltungsarbeit in der Schule. Die Tätigkeit als Schulleiter umfasse nur einen geringen Teil der Berufsarbeit. Aufgrund der Leitungsaufgaben erhalte er eine Stundenreduzierung um sieben von insgesamt 26 Wochenstunden. Der Anteil der Arbeitszeit für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts betrage aber mindestens 90 v.H. der gesamten Arbeitszeit. Im Schulbüro sei diese tägliche Unterrichtsvorbereitung und -planung nicht zu leisten. Sämtliche Unterlagen, die hierfür notwendig seien, befänden sich im häuslichen Arbeitszimmer.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 08.04.1997 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Daß die Unterrichtsvorbereitungen eines Lehrers mehr als 50 v.H. seiner gesamten beruflichen Tätigkeit ausmachten, sei für das Berufsbild untypisch. Dies gelte umso mehr für einen Schulleiter. Das Büro im Schulgebäude sei ein geeigneter Arbeitsplatz im Sinne des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 2 EStG 1996. Die Durchführung der Unterrichtsvorbereitung im Schulbüro sei für den Kl. zulässig und möglich. Sie sei eine originär berufliche Pflicht. Der Kl. könne die arbeitstäglich benötigte Literatur in seinem Büro deponieren und die arbeitstäglich wechselnden Unterlagen zwischen Büro und Wohnung transportieren.

Mit der Klage verfolgt der Kl. sein Begehren auf Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer vor Gericht. Zur Begründung trägt er vor: Die Annahme, die Unterrichtsvorbereitungen und -nachbereitungen eines Lehrers mache nicht mehr als 50 v.H. der beruflichen Tätigkeit aus, entspreche nicht der Realität. Für eine Unterrichtsstunde von 45 Minuten benötige er wenigstens 75 Minuten Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit, ggf. auch mehr. Er benutze das Arbeitszimmer in der Regel an 25 Zeitstunden wöchentlich. Das seien 1.105 Stunden im Jahr. Gehe man aber nur von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden aus, entfielen auf die Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer 803 Stunden, d. h. 47,2 % der gesamten Zeitstunden. Diese Berechnung zeige, daß insgesamt das Arbeitszimmer den. Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde und die berufliche Nutzung mehr als 50 v.H. der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage.

Es sei auch weder möglich noch zumutbar, das Schulbüro zur Unterrichtsvorbereitung zu nutzen. Ansonsten müsse er täglich wenigstens 10 Aktenordner und eine große Zahl Bücher zwischen Wohnung und Schule hin- und herfahren. Die Unterrichtsvorbereitung sei ein ständig fließender Prozeß, der nicht mit Verlassen des schulischen Schreibtisches beendet sei. Er könne nicht ständig zwischen Wohnung und schulischem Büro pendeln, wenn er feststelle, no...

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