Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine ermäßigte Besteuerung von Finanzhilfen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es kann dahinstehen, ob es sich bei Finanzhilfen aufgrund von betrieblichen Einschränkungen und Schließungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (sog. Soforthilfe, Überbrückungshilfe I und „November- / Dezemberhilfe”) um eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG oder eine Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG handelt. Bei diesen Finanzhilfen scheidet jedenfalls eine Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 EStG für außerordentliche Einkünfte aus, da es an einer Zusammenballung der Einkünfte fehlt.

2. Eine Zusammenballung der Einkünfte iSv § 34 Abs. 1, 2 EStG fehlt, wenn Zuschüsse lediglich für Einschränkungen und Schließungen von Restaurants und anderen gastronomischen Einrichtungen in einem Veranlagungszeitraum gezahlt wurden. Eine überhöhte Bemessung von Zuschüssen für einen Veranlagungszeitraum hat nicht zur Folge, dass eine Zusammenballung vorliegt.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. b, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 Buchst. a

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine begünstigte Besteuerung von Finanzhilfen im Zusammenhang mit der sog. Corona-Pandemie.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2020 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger führte als Einzelunternehmer einen Gewerbebetrieb (Gaststätte und Hotel) und ermittelte seinen Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Im Streitjahr war sein Gewerbebetrieb von zeitweisen betrieblichen Einschränkungen und Schließungen aufgrund der Coronaschutzverordnungen des Landes Nordrhein-Westfalen betroffen. Daher beantragte und verbuchte er im Streitjahr pandemiebedingte Soforthilfen, Überbrückungshilfen und vergleichbare Zuschüsse in Höhe von insgesamt 64.254 €. Die Zuschüsse bezogen sich auf die Einschränkungen und Schließungen des Gewerbebetriebs im Jahr 2020 und setzen sich im Einzelnen zusammen aus einer Soforthilfe von 15.000 €, einer Überbrückungshilfe I von 6.806 € und der sog. „November- / Dezemberhilfe” von 42.448 €. Die Kläger gaben diese Beträge in der von ihnen am 25.6.2021 für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuererklärung in der Anlage „Corona-Hilfen” als vom Kläger bezogene Zuschüsse an. Der Gewinn des Klägers aus dem Gewerbebetrieb betrug ausweislich der Einkommensteuererklärung 79.458 €.

Der Beklagte setzte mit Einkommensteuerbescheid vom 6.9.2021 die Einkommensteuer auf … € fest. Dabei legte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß der Besteuerung zugrunde und unterwarf das gesamte zu versteuernde Einkommen der tariflichen Einkommensteuer. Dagegen legten die Kläger mit Schreiben vom 14.9.2021 Einspruch ein. Neben Einwendungen zu einem inzwischen nicht mehr streitigen Investitionsabzugsbetrag beantragten sie eine ermäßigte Besteuerung der „Corona-Hilfen” gemäß § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG. Nach ihrer Auffassung handelte es sich um Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für die Nichtausübung einer Tätigkeit aufgrund der pandemiebedingten Schließung des Geschäftsbetriebs.

Der Beklagte lehnte die ermäßigte Besteuerung ab und begründete dies in seiner Einspruchsentscheidung vom 1.2.2022 damit, bei den Sofort- und Überbrückungshilfen handele es sich nicht um Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG, sondern um Zuschüsse. Die öffentliche Hand habe diese Zahlungen aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen und somit auch in ihrem eigenen Interesse getätigt. Darüber hinaus lägen Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG auch deshalb nicht vor, weil die Zielsetzung der bezeichneten Hilfen lediglich der Ausgleich von Ausgaben sei und somit keine Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen vorliege. Auch die Voraussetzungen des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG lägen nicht vor, weil es an der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen den Hilfen einerseits und der Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit andererseits fehle. Darüber hinaus sei eine Anwendung von § 34 Abs. 1 EStG wegen der fehlenden Außerordentlichkeit (Zusammenballung) der Einkünfte zu verneinen.

Daraufhin haben die Kläger am 23.02.2022 Klage erhoben.

Ihre Klage begründen sie damit, die sog. „Corona-Hilfen” seien als Entschädigungen für die hoheitlich verhängten Betriebsschließungen zu beurteilen. Der Anlass der Zahlungen beruhe darauf, dass ein Zusammenkommen des Gewerbeinhabers mit dem üblichen Kundenkreis untersagt worden sei. So sei die sog. „November- / Dezemberhilfe” so ausgestaltet gewesen, dass Unternehmen 75 % des jeweiligen Vorjahresumsatzes als einmalige Kostenpauschale erhalten hätten. Bei der Überbrückungshilfe I habe es sich ebenso verhalten. Dabei handele es sich nicht lediglich um Kostenerstattungen. Die Hilfen hätten lediglich...

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