Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulschwimmen, Dauerverlustgeschäft, Spartenbildung, Verlustverrechnung, Quasi-Grundlagenwirkung der KSt-Festsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Dauerverluste einer kommunalen GmbH aus dem Schulschwimmen sind gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG 2009 einer gesonderten Sparte zuzuordnen und dürfen daher nicht mit Sparteneinkünften nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG 2009 verrechnet werden.

2) Schulschwimmen stellt auch dann eine hoheitliche Tätigkeit dar, wenn es in einem von einer Kapitalgesellschaft betriebenen Bad veranstaltet und von dieser für das Schulschwimmen ein Entgelt wie von fremden Dritten verlangt wird.

3) Infolge des Verweises in § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG 2009 auf § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG 2009 hat die Körperschaftsteuerfestsetzung eine Quasi-Grundlagenwirkung gegenüber der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG 2009.

 

Normenkette

KStG 2009 § 8 Abs. 9 S. 1 Nrn. 1-2, S. 8; EStG 2009 § 10d Abs. 4 S. 4; KStG 2009 § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2020; Aktenzeichen I R 50/17)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Verluste aus dem Schulschwimmen mit den übrigen Erträgen der Klägerin, einer A-GmbH, verrechnet werden dürfen.

Die Klägerin ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stadt B (Stadt). Gegenstand des Unternehmens ist die Versorgung der Bevölkerung, der Industrie usw. mit Gas, Wasser, Strom, Wärme und Fernwärme, die Stadtentwässerung sowie der Betrieb von Bädern für den öffentlichen Badebetrieb. Ein Blockheizkraftwerk diente in den Streitjahren 2009 bis 2013 sowohl der Beheizung im Badebetrieb wie zur Erzeugung von Strom, der in das Stromnetz der Stadt eingespeist wurde.

In den Streitjahren nutzte auch die Stadt die Bäder, um den Schülern ihrer kommunalen Schulen dort Schwimmunterricht zu erteilen (sog. Schulschwimmen). Hierfür erhielt die Klägerin seitens der Stadt ein Entgelt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dieses bezogen auf den einzelnen Schüler dem entsprach, was allgemein von Nutzern verlangt wurde. Gleichwohl erzielte die Klägerin durch das Schulschwimmen in den Streitjahren jeweils einen Verlust in Höhe von 67.000 €. Auch die Höhe des Verlusts unterliegt keinem Streit; diesbezüglich haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung tatsächlich verständigt.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) führte im Jahr 2014 eine Betriebsprüfung hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2012 bei der Klägerin durch, in dem sich der Prüfer auf den Standpunkt stellte, die einzelnen Tätigkeiten der Klägerin seien nach § 8 Abs. 9 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008 –BGBl I 2008, 2794– (KStG 2009) gesonderten Sparten zuzuordnen; es seien drei Spartengruppen zu unterscheiden. Bei dem Schulschwimmen handele es sich um eine hoheitliche Tätigkeit; daher müsse der durch sie erzielte Verlust in Höhe von jeweils 67.000 € der Sparte 1 i.S. des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG 2009 zugerechnet werden. Die gleichartige Energie- und Wasserversorgung bilde eine weitere Sparte. Zwar seien die Bäderbetriebe nicht gleichartig zu den Versorgungsbetrieben; aufgrund der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht durch das Blockheizkraftwerk könnten sie aber mit den Versorgungsbetrieben zusammengefasst werden.

Das FA schloss sich der Rechtsauffassung des Prüfers an und erließ am 14.10.2014 entsprechend geänderte Bescheide für 2009 bis 2012 über Körperschaftsteuer sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG 2009 zum 31.12.2009 bis 31.12.2012. Zugleich ergingen geänderte Bescheide auf den 31.12.2009 bis 31.12.2012 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002. Gegen sämtliche Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein.

Während des Einspruchsverfahrens erließ das FA –adressiert unmittelbar an die Klägerin– am 29.6.2015 bzw. 29.7.2015 aus nicht streitgegenständlichen Gründen Änderungsbescheide, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. In diesen wurde die Spartentrennung – hier verkürzt und modifiziert dargestellt – wie folgt vorgenommen (Beträge in €):

Ferner erließ das FA am 18.8.2015 unter erneuter Zugrundelegung eines Verlusts in Höhe von 67.000 € aus dem Schulschwimmen erstmals einen Körperschaftsteuerbescheid 2013, einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG 2009 zum 31.12.2013 sowie einen Bescheid zum 31.12.2013 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002. Auch gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein.

Die Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 6.11.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12.11.2009 (IV C 7 – S 2706/08/10004) ...

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