Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Gewerbesteuer-Zerlegungsbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Änderung eines Gewerbesteuer-Zerlegungsbescheides ist nur ausgeschlossen, wenn eine gewerbesteuerberechtigte Gemeinde bei der Gewerbesteuer-Zerlegung überhaupt nicht berücksichtigt wurde, da die Änderungssperre des § 189 S. 3 AO als Spezialvorschrift zu § 173 AO Vorrang hat.

2. Aufgrund seines ausdrücklichen Regelungsgehaltes kann die Zerlegungssperre des § 189 S. 3 AO keine weitergehende Ausschlusswirkung entfalten, etwa auch dann nicht, wenn die Geltendmachung eines höheren Zerlegungsanteils durch an der Zerlegung bereits Beteiligte in besonders schwerwiegender Weise auf den Steueranspruch eines Steuerberechtigten einwirkt.

 

Normenkette

AO §§ 173, 189 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.09.2005; Aktenzeichen VIII R 42/02)

BFH (Urteil vom 07.09.2005; Aktenzeichen VIII R 42/02)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Gewerbesteuer(GewSt)-Zerlegungsbescheid zu Lasten der Klägerin (Klin.) geändert werden durfte.

Die Klin. ist eine Stadt, in deren Gebiet im Streitjahr 1992 die Geschäftsleitung der Beigeladenen (Bgld.) zu 1) ansässig war. In den Gebieten der zwölf anderen Bgld. unterhielt die Bgld. zu 1) Betriebsstätten. Die GewSt.-Hebesätze 1992 der Gemeinden, in denen die Bgld. zu 1) Betriebsstätten unterhielt, differierten. Die Bgld. zu 1) gab am 26.01.1994 ihre GewSt-Erklärung und ihre Erklärung für die Zerlegung des einheitlichen GewSt-Messbetrags (GewStMB) für 1992 ab. Der einheitliche GewStMB wurde mit Bescheid vom 27.04.1994 auf 10.002.239,00 DM festgesetzt. Dieser Bescheid stand unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN). Am 02.05.1994 erging ein Bescheid für 1992 über die Zerlegung des einheitlichen GewStMB. Die Zerlegung erfolgte gemäß §§ 28 ff. GewStG nach den Arbeitslöhnen. Der Bescheid war an die Bgld. zu 1) gerichtet und wurde der Klin. und den anderen Bgld. bekannt gegeben. Für die Klin. wurde ein Anteil am einheitlichen GewStMB i. H. v. 4.932.242,97 DM festgesetzt.

Für die Jahre 1992 bis 1995 fand bei der Bgld. zu 1) eine Betriebsprüfung (Bp) statt. Dabei wurde festgestellt, dass die Löhne der Außendienstmitarbeiter der Bgld. zu 1) nicht ausschließlich ihrer zentralen Betriebsstätte in A, sondern teilweise auch ihren anderen Betriebsstätten zuzurechnen waren. Die Bgld. zu 1) gab am 08.09.1997 eine berichtigte Erklärung über die Zerlegung des einheitlichen GewStMB für 1992 ab. Der Beklagte (Bekl.) erließ daraufhin gegenüber der Bgld. zu 1) am 02.10.1997 einen gemäß § 173 Abs. 1 AO geänderten GewSt-Zerlegungsbescheid für 1992, mit dem der Anteil der Klin. auf nur noch 3.909.842,35 DM festgesetzt wurde. Dieser Bescheid wurde auch den anderen hebeberechtigten Gemeinden bekannt gegeben. Dagegen legte die Klin. mit Schriftsatz vom 17.10.1997 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens wurde die Festsetzung des GewStMB zu Lasten der Bgld. zu 1) erhöht (geänderter Bescheid für 1992 über den einheitlichen GewStMB vom 11.11.1997). Die GewSt-Zerlegung wurde daraufhin gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert (Zerlegungsbescheid für 1992 vom 11.11.1997). Auf die Klin. entfiel nunmehr ein Betrag i. H. v. 3.934.522,22 DM. Der Bekl. zog die Bgld. gemäß § 360 AO zum Einspruchsverfahren hinzu.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 01.12.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klin. trägt vor, sie habe aufgrund des ersten Zerlegungsbescheids vom 02.05.1994 die Bgld. zu 1) zur Gewerbesteuer veranlagt. Nach Ergehen des angefochtenen Änderungsbescheids vom 02.10.1997 habe sie GewSt. i. H. v. 4.190.427,00 DM an die Bgld. zu 1) zurückerstatten und zusätzlich erhebliche Erstattungszinsen zahlen müssen. Der Bekl. sei wegen der Bestandskraft des ersten Zerlegungsbescheids daran gehindert gewesen, die Zerlegung zu ändern. Im Streitfall seien keine Änderungsvorschriften einschlägig. Gemäß § 189 Satz 3 AO sei eine Änderung der Zerlegung wegen Ablaufs des dort genannten Zeitraums ausgeschlossen. Eine Änderung gemäß § 173 AO sei ebenfalls nicht möglich, weil diese Vorschrift im Streitfall nicht anwendbar sei. Zwar habe der BFH entschieden, dass § 173 AO in bestimmten Fällen neben § 189 AO anwendbar sei. Begründet werde dies vom BFH damit, dass bei bloß betragsmäßigen Änderungen der Zerlegungsbeträge, die auf nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen oder Beweismitteln beruhten, im Regelfall ein nur geringerer Bestandsschutz für die betroffenen Gemeinden notwendig sei. Im Streitfall gehe es aber nicht bloß um die Anhebung oder Absenkung der Gesamtlohnsumme mit mittelbarer Auswirkung auf die Höhe der Zerlegungsanteile, sondern um eine erhebliche Verschiebung der Zuordnung von Lohnanteilen, die in ihrer Auswirkung dem neuen Hinzutreten einzelner Gemeinden mindestens entspreche. Durch die vorliegende Fallkonstellation werde die Klin. als allein betroffe...

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