Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage des Vorliegens einer Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt dann vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die Annahme der Organschaft erfordert nicht, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen feststellbar sind. Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht. Führt nicht der laut Geschäftsführer-Anstellungsvertrag beauftragte Geschäftsführer der Organgesellschaft die Geschäftsführungstätigkeit aus, sondern wird die laufende Geschäftsführung faktisch von einem Dritten wahrgenommen, ist eine organisatorische Eingliederung nicht gegeben.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2016; Aktenzeichen XI R 30/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) in 2005 in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht als Organgesellschaft in die M Familienbeteiligungsgesellschaft mbH als Organträgerin eingegliedert war.

Die Klin. ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Versorgung von Alten- und Pflegeheimen mit Lebensmitteln und Dienstleistungen ist. Gesellschafter der Klin. waren bei deren Gründung mit einem Anteil von 90 % des Stammkapitals Herr F T und mit einem Anteil von 10 % des Stammkapitals Frau X M. X M ist die Tochter von F T. Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 29.10.1999 übertrug F T den von ihm gehaltenen Gesellschaftsanteil an der Klin. in Höhe von 45.000 DM an seinen Enkel, Herrn I M, geboren am …1977 (Gerichtsakte Bl. 27). I M ist der Sohn der Eheleute X M und C M. Mit notariellem Vertrag vom selben Tag schloss C M mit seinem Sohn I M über den vorgenannten Gesellschaftsanteil an der Klin. einen Treuhandvertrag ab (Gerichtsakte Bl. 29). Hierin verpflichtete sich I M, dass er bei Erwerb des Anteils an der GmbH und dem weiteren Halten des Gesellschaftsanteils nach außen im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber als Treuhänder des C M auf dessen Gefahr und Rechnung handele. Nach § 3 Buchst. a des Vertrags war I M verpflichtet, die ihm als Gesellschafter nach außen zustehenden Rechte, insbesondere das Stimmrecht aus der Beteiligung, nur gemäß der Weisung des C M, welche er vor jeder Stimmabgabe einzuholen hat, auszuüben. In § 3 Buchst. d und e des Vertrags verpflichtete sich I M, über den Gesellschaftsanteil nur nach vorheriger Zustimmung des C M zu verfügen und auf Verlangen des C M diesen an C M selbst oder an einen von C M benannten Dritten zu übertragen. Gemäß § 6 Abs. 1 des Treuhandvertrags kann C M das Treuhandverhältnis jederzeit kündigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Treuhandvertrag vom 29.10.1999 Bezug genommen. Zudem liegt ein Geschäftsführeranstellungsvertrag ebenfalls mit Datum 29.10.1999 betreffend I M vor, welcher hiernach mit Wirkung vom 29.10.1999 zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klin. bestellt wurde. Die dem Gericht vorgelegte Fassung (Gerichtsakte Bl. 32) ist nicht unterschrieben. In § 3 des Anstellungsvertrags heißt es wie folgt: „Zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, bedarf der Geschäftsführer der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Hierzu zählen insbesondere: a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechte; b) die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, die Errichtung, Veräußerung und Aufgabe von Betrieben oder Betriebsteilen; c) Abschluss von Verträgen und Geschäften jeder Art, die im Einzelfall Verpflichtungen von mehr als EUR 1.000 für die Gesellschaft mit sich bringen oder welche die Gesellschaft ohne Rücksicht auf ihren Wert länger als ein Jahr verpflichten.” Laut § 5 des Anstellungsvertrags erhält I M für seine Tätigkeit „derzeit” kein festes Monatsgehalt. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgelegten Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 29.10.1999 Bezug genommen.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 07.12.2004 wurde die M Familienbeteiligungsgesellschaft mbH (F-GmbH) errichtet. Gegenstand dieses Unternehmens sind das einheitliche Halten und die einheitliche Verwaltung von Familienbeteiligungen an der B GmbH und der Klin. Die Gesellschaft ist berechtigt, auch anderweitige Beteiligungen zu erwerben und sich an anderen Unternehmen zu beteiligen. Das Stammkapital beträgt 51.000 EUR. Hiervon hält C M einen Anteil von 90 % und X M einen Anteil von 10 %. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist C M, welcher von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. C M erhielt von der F-GmbH kein Gehalt.

Mit notarieller Beurkundung ebenfalls vom 07.12.2004 brachten C M und X M auf die für die F-GmbH übernommenen Stammeinlagen Gesellschaftsanteile an der B-GmbH und an der Klin. in die F-GmbH ein. In der notariellen Urkunde, auf die Bezug genommen wird, hieß es hierzu, dass C M Inhaber je eines Geschäftsanteil...

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