Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatz aus dem Betrieb von Geldspielautomat; Frage der Steuerbefreiung, ermäßigter Steuersatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Geldeinsätze der Spieler stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen des Stpfl. Die entgeltliche Gegenleistung der Teilnehmer ist der Spieleinsatz.

2. Für die Frage der Steuerbarkeit kommt es weder auf die Bauart des Spielgerätes noch auf die Höhe der Gegenleistung an. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Gegenleistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wie vom erkennenden Senat vertreten, in dem Spieleinsatz besteht oder in dem am Ende eines Monats verbleibenden Kasseninhalts.

3. Als Betreiber von Geldspielgeräten ist der Stpfl. durch das Aufstellen der Geldspielgeräte kein Schausteller i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG i.V.m. § 30 UStDV.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 9, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. i; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten.

Der am xx.03.2016 verstorbene Herr T K (im Folgenden: K), dessen Gesamtrechtsnachfolgerin die Klägerin ist, war Automatenaufsteller und erzielte Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten.

Für die Streitjahre wurde die Umsatzsteuer wie folgt festgesetzt und mit Einsprüchen des K angefochten:

Streitjahr

erstmalige Festsetzung

Einspruch

Spätere Festsetzungen, die zum Gegenstand des jeweiligen Einspruchsverfahren wurden

2006

Bescheid vom 17.04.2007:

./. 10.964,05 €

21.05.2007

Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Bescheid vom 13.07.2009

2007

Bescheid vom 08.05.2009:

./. 27.547,87 €

20.05.2009

2008

Berichtigte Jahreserklärung eingereicht am 04.05.2010:

10.482,32 €

20.05.2009 gegen den Bescheid über USt-Vorauszahlung für 11/2008 vom 07.05.2009; die USt-Jahresfestsetzung für 2008 wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens

2009

Berichtigte Jahreserklärung eingereicht am 24.01.2011:

14.588,14 €

15.03.2011 (gegen Abrechnung vom 22.02.2011)

2010

Bescheid vom 18.02.2011:

27.384,93 €

15.03.2011

Zustimmung vom 21.04.2011 zu der am 18.04.2011 eingegangenen Jahreserklärung:

19.223,84 €

Für die Streitjahre fanden nacheinander Außenprüfungen statt (Prüfungsberichte vom 07.03.2007, 24.04.2009, 27.01.2011).

In allen Festsetzungen wurden die Umsätze des K aus dem Betrieb von Geldspielautomaten als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Seine gegen die jeweiligen Steuerfestsetzungen gerichteten Einsprüche begründete K dahingehend, dass seine Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerfrei seien. Die Einspruchsverfahren ruhten zunächst im Hinblick auf das Revisionsverfahren vor dem BFH mit dem Az. XI R 79/07, im Rahmen dessen dem EuGH die Frage der Vereinbarkeit der Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) i.d. Fassung ab 06.05.2006 mit Unionsrecht vorgelegt wurde (Az. EuGH C-58/09). Nach Ergehen der Entscheidungen, die die Rechtskonformität der gesetzlichen Neuregelung bestätigten, ruhten die Einsprüche im Hinblick auf eine anhängige Verfassungsbeschwerde beim BVerfG, Az. 1 BvR 523/11, welche im weiteren Verlauf nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Schließlich ruhten die Einsprüche im Hinblick auf ein Klageverfahren vor dem FG Hamburg, Az. 3 K 104/11, im Rahmen dessen die Unionsrechtskonformität erneut dem EuGH (Az. C-440/12) vorgelegt wurde.

Nachdem über diese Verfahren entschieden worden war, nahm der Beklagte die ruhenden Einspruchsverfahren wieder auf. Mittlerweile war Gesamtrechtsnachfolge auf Klägerseite eingetreten. Die Klägerin nahm die Einsprüche unter Verweisung auf ein damals noch anhängiges Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BFH, Az. V B 115/15, im Rahmen dessen u.a. die Steuerbefreiung gemäß § 6 Spielbankverordnung (SpielbkV) thematisiert wurde, und später im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde gegen den BFH-Beschluss im Verfahren V B 113/14 (Az. beim BVerfG: AR 1295/16) nicht zurück, sondern beantragte vielmehr ein weiteres Ruhen der Einspruchsverfahren.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 als unbegründet zurück. Die Vorbehalte der Nachprüfung für die Streitjahre wurden gemäß § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) aufgehoben. Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten würden nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. fallen. Die Befreiungsvorschrift sei verfassungsgemäß und unionsrechtskonform. Der Beklagte nahm hierzu Bezug auf diverse Urteile bzw. Beschlüsse von EuGH, BFH und den Finanzgerichten.

Mit ihrer am 02.02.2017 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des K dessen Begehren weiter.

Sie trägt vor, dass die Umsätze schon nicht umsatzsteuerbar seien. So hätten EuGH und BFH übereinstimmend geurteilt, dass der für einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt fehle, wenn die Zahlung des Leistungsempfängers ungewiss sei. Dies sei bei den betriebenen Geldspielautomaten der Fall. Weder d...

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