Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte, Kellerraum als Betriebsstätte oder häusliches Arbeitszimmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind nicht der unternehmerischen, sondern der privaten PKW-Nutzung zuzuordnen (entgegen BMF-Schreiben v. 29.05.2000, BStBl. I 2000, 819, Tz. 22 sowie vom 27.8.2004, BStBl. I 2004, 864, Tz. 3).

2) Ein betrieblich genutzter Kellerraum, der in die private Wohnsphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, ist als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.06.2014; Aktenzeichen XI R 36/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die B GmbH am Wohnsitz des Klägers (Kl.) eine Betriebsstätte unterhält und ob für die täglichen Fahrten des Kl. zu der Hauptniederlassung der GmbH eine unentgeltliche Wertabgabe für die Privatnutzung des Pkw angesetzt werden darf.

Der Kl. betrieb im Streitjahr ein Einzelunternehmen unter der Bezeichnung „P A”. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Kl. lag und deren Niederlassung sich unter der Anschrift J., E, befindet. Es bestand im Streitjahr unstreitig eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen dem Kl. (als Organträger) und der B GmbH (als Organgesellschaft). Am 29.12.1985 hatten der Kl. und die B GmbH (damals noch unter der Firma C mbH handelnd) einen Geschäftsführeranstellungsvertrag abgeschlossen, der auch im Streitjahr noch Gültigkeit hatte. Nach § 5 Abs. 2 dieses Vertrages hat der Kl. Anspruch auf Benutzung eines gesellschaftseigenen Pkws auch für private Zwecke.

Der Kl. bewohnt mit seiner Lebensgefährtin Frau H ein Wohnhaus unter der Anschrift F-straße …, I. Eigentümerin der Immobilie ist Frau H. Das Wohnhaus verfügt über einen Wintergarten. Unterhalb dieses Wintergartens liegt ein Kellerraum, der ausschließlich über eine im Garten liegende Außentreppe erreichbar ist. Der Garten ist nur durch die Garage oder die Wohnung erreichbar.

Mit Pachtvertrag vom 1.7.1996 überließ Frau H diesen Kellerraum dem Kl. zum Zwecke der Lagerung von Dokumenten und Ausstattungsgegenständen gegen Zahlung eines jährlichen Pachtzinses (Gerichtsakte, Bl. 109). Durch Zusatzvereinbarung vom 2.5.1997 wurde festgelegt, dass der Kellerraum auch zur Unterbringung von Sicherheitsservern und Datensicherungsgeräten der B GmbH verwendet werden dürfe (Gerichtsakte, Bl. 111). Bereits am 1.1.1996 hatten der Kl. – handelnd unter der Firma P A – und die B GmbH einen Pachtvertrag über die Unterverpachtung des Kellerraums an die GmbH geschlossen (Gerichtsakte, Bl. 112). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsdokumente Bezug genommen.

Die B GmbH nutzte den Keller zur Unterbringung eines Serverschrankes, in welchem mehrere Festplatten montiert waren. Der Kl. überspielte regelmäßig betriebliche Daten zur Sicherung auf diese Festplatten.

Am 10.3.2005 gab der Kl. die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 ab, aus der sich eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 76.027,47 EUR ergab. Der Beklagte (Bekl.) folgte der Erklärung und setzte die Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehend fest.

Im Jahr 2005 fand eine Lohnsteuerprüfung bei der GmbH statt. Der Prüfer stellte fest, dass der Kl. die täglichen Fahrten zwischen dem Wohnhaus in I und der Niederlassung in E bislang als Dienstreisen angesehen hatte, so dass hierfür kein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil erfasst worden war. Der Prüfer war der Auffassung, dass es sich bei dem beruflich genutzten Kellerraum um ein häusliches Arbeitszimmer handele, so dass tatsächlich nicht Dienstreisen, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Weiterhin stellte der Prüfer fest, dass das vom Kl. geführte Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß sei, da es sich um eine in einer Excel-Datei geführte tabellarische Aufstellung ohne entsprechende Grundaufzeichnungen handele, bei der nachträgliche Veränderungen technisch nicht ausgeschlossen seien. Da ein nach dieser Art geführtes Fahrtenbuch im Rahmen der vorangegangenen Lohnsteuer-Außenprüfung als ordnungsgemäß anerkannt worden war, sah der Prüfer jedoch aus Vertrauensschutzgründen von der Verwerfung des Fahrtenbuchs ab. Unter Zugrundelegung des Fahrtenbuches setzte der Prüfer für die Wege zwischen dem Wohnhaus in I und der Niederlassung in E eine zusätzliche unentgeltliche Wertabgabe in Höhe von 2.419,00 EUR an. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen der Lohnsteuerprüfung erging am 18.1.2006 ein nach § 164 Abs. 2 AO geänderter Umsatzsteuerbescheid für 2004, durch den die Steuerfestsetzung um 387,04 EUR erhöht wurde. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Kl. wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 12.9.2007 zurück.

Am 13.10.2007 hat der Kl. Klage u.a. gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid erhoben. Der Kl. ist der Auffassung, dass die Fahrten des Kl. zwischen dem Wohnhaus in I und der Niederlassung der B GmbH in E als Dienstreisen steuerlich anzuerkennen seien. Es ha...

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