Entscheidungsstichwort (Thema)

Begünstigung aus Gründen der Rechtssicherheit, Gestaltungsmißbrauch beim Zwei-Stufen-Modell

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Die Steuerbegünstigung einer Teilanteilsveräußerung kann nicht auf Gründe der Rechtssicherheit gestützt werden (entgegen BFH, Beschluß vom 18.10.1999, GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123)

2.) Der Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils als zweite Stufe der Aufnahme eines Sozius nach vorheriger Übertragung eines geringen Anteils ist nur dann als begünstigter Veräußerungsgewinn anzuerkennen, wenn kein Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gegeben ist. Im Rahmen des Zwei-Stufen-Modells liegt ein solcher Mißbrauch vor, wenn beide Erwerbsvorgänge als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen sind, das allein zur Steuervermeidung aufgesplittet worden ist.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1, 1 Nr. 2, §§ 18, 18 Abs. 3, §§ 34, 34 Abs. 2, 2 Nr. 1; AO § 42; EStG § 16

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.09.2004; Aktenzeichen IV R 11/03)

 

Gründe

Es ist zu entscheiden, ob nach Übertragung eines 5 %igen Mitunternehmeranteils die Übertragung eines weiteren 35 %igen Mitunternehmeranteils als Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) zu beurteilen ist.

Die Klägerin (Klin.) war seit dem 01.01.1996 als freie Mitarbeiterin in der Kanzlei des Klägers (Kl.) tätig. Sie erhielt eine Vergütung, deren Höhe 25 % des Gewinns entsprach. Auf die ihr zustehende Jahresvergütung wurde eine monatliche Zahlung von 7.000 DM entrichtet. In der Vereinbarung vom 08.01.1996 hielten die Kl. ihre Absicht fest, zum 01.01.1997 eine Partnerschaft zu gründen. Mit Vertrag vom 01.01.1997 schlossen sich die Kl. zur gemeinsamen Berufsausübung zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Beteiligung des Kl. 95 %, der Klin. 5 %) zusammen. Die Klin. zahlte für ihre Beteiligung 25.000 DM. Der erzielte Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben stand den Beteiligten entsprechend ihrem Beteiligungsanteil zu. Darüber hinaus erhielt die Klin. eine Vorabtätigkeitsvergütung in Höhe von 7.000 DM monatlich. Durch Vertrag vom 05.01.1998 stockte die Klin. ihre Beteiligung gegen Zahlung von 175.000 DM, die am 11.12.1997 entrichtet wurde, um 35 % auf.

In der Folgezeit kam es zu weiteren Anteilsübertragungen vom Kl. auf die Klin.:

Satz

Kaufpreis

mit Wirkung vom 31.12.1998

20 %

100.000 DM

mit Wirkung vom 01.07.1999

39 %

90.000 DM

Im Jahr 1995 hatte die Klägerin (Klin.) einen Darlehensvertrag mit der … Hypothekenbank über 200.000 DM geschlossen. Dort war als Auszahlungsvoraussetzung u.a. die Vorlage des Partnerschaftsvertrages Dr. M/E vereinbart. Das Darlehen wurde wie folgt ausgezahlt:

19.01.1996

50.000 DM

11.06.1997

25.000 DM

10.12.1997

125.000 DM

Darüber hinaus schloss die Klin. am 22.12.1998 zwei Kreditverträge mit der … Bank über 50.000 DM bzw. 80.000 DM.

Die Kaufpreise für die erworbenen Anteile wurden wie folgt beglichen:

11.06.1997

25.000 DM

10.12.1997

125.000 DM

11.12.1997

50.000 DM

23.12.1998

100.000 DM

Im Feststellungsbescheid 1997 in der Fassung vom 16.04.2002 (nach § 129 AO im Klageverfahren geänderter Bescheid vom 11.11.1999) setzte der Beklagte (Bekl.) die Einkünfte der GbR aus selbständiger Arbeit mit 667.183 DM (laufende Einkünfte – nicht nach Quote verteilt: 601.077 DM; Betriebseinnahmen/Gewinn – nicht nach Quote verteilt: 124.323 DM; Sonderbetriebsausgaben: 58.217 DM) fest und beurteilte den Erlös aus dem Anteilsverkauf als laufenden Gewinn. Die Einkünfte rechnete sie den Beteiligten wie folgt zu:

Dr. M

E

laufende Einkünfte (nach Quote)

579.950 DM

21.127 DM

BE/Gewinn (nicht nach Quote)

40.323 DM

84.000 DM

Sonderbetriebsausgaben

0 DM

58.217 DM

Einkünfte aus selbst. Arbeit

620.273 DM

46.910 DM

Mit Schreiben vom 18.11.1999 erhoben die Kl. gegen den Feststellungsbescheid 1997 Einspruch. Zur Begründung trugen sie vor, der Gewinn aus der Veräußerung des fünfprozentigen Anteils an die Klin. sei zwar zutreffend als laufender Gewinn beurteilt worden. Zu Unrecht habe der Bekl. den Gewinn aus der Veräußerung des Anteils von 35 % (Vertrag vom 05.01.1998 – Zahlung des Kaufpreises am 10./11.12.1997) jedoch nicht als begünstigten Gewinn erfasst. Im Anschluss an den Erwerb des geringen Anteils von 5 % habe die Klin. nach einer Erprobungsphase von ca. 1 Jahr einen weiteren Anteil von 35 % erworben. Insoweit lägen die Voraussetzungen der §§ 18, 16, 34 EStG vor.

Der Bekl. wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 05.02.2001 zurück. Der Erwerb der Anteile von 5 % und von 35 % sei unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO einheitlich zu beurteilen. Bereits bei Gründung der GbR habe festgestanden, dass die Klin. gegen Zahlung von 200.000 DM mit 40 % an der GbR habe beteiligt werden sollen. Das ergebe sich daraus, dass bereits bei Erwerb des ersten Anteils von 5 % ein Darlehensvertrag mit der … Hypothekenbank über 200.000 DM bestanden habe. Durch die gewählte Gestaltung habe erreicht werden sollen, dass die Veräußerung des weitaus größeren Gesellschaftsanteils dem Bereich der steuerbegünstigten Veräußerung eines Mitunternehmeranteils habe zugerechne...

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