Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Ausstellung einer Spendenbestätigung, neues Beweismittel, rückwirkendes Ereignis

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine erst nach Erlass des Steuerbescheides ausgestellte Zuwendungsbestätigung i.S.v. § 10b EStG ist kein nachträglich bekannt gewordenes Beweismittel i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

2) Die nachträgliche Erteilung einer Zuwendungsbestätigung i.S.v. § 10b EStG ist gemäß § 175 Abs. 2 Satz 2 AO kein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

3) § 175 Abs. 2 Satz 2 AO ist europarechts- und verfassungskonform.

 

Normenkette

EStDV § 50; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2; EStG § 10b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.05.2016; Aktenzeichen X R 34/13)

BFH (Urteil vom 10.05.2016; Aktenzeichen X R 34/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Bescheid über die Feststellung des Großspendenvortrags auf den 31.12.2004 nachträglich zu ändern ist.

Die Klägerin wurde zusammen mit ihrem Ehemann, Herrn Q. H., zur Einkommensteuer veranlagt. Ihr Ehemann verstarb am 15.09.2004 und wurde von seinen Kindern D. H., T. H1. und E. F. beerbt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2004 Einnahmen aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte.

In ihrer im Januar 2006 für sich und ihren Ehemann abgegebenen Einkommensteuererklärung erklärte die Klägerin u.a. Zuwendungen an Stiftungen in Höhe von insgesamt … EUR und Zuwendungen für kirchliche, religiöse und gemeinnützige Zwecke in Höhe von … EUR. Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung für 2004 durch und berücksichtigte Zuwendungen nach § 10b des EinkommensteuergesetzesEStG – in Höhe von zunächst … EUR und später von … EUR. Zudem erließ er am 28.02.2006 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Großspendenvortrags für die Einkommensteuer auf den 31.12.2004 gegenüber der Klägerin und den Erben nach Herrn Q. H., mit dem er den verbleibenden Großspendenvortrag auf … EUR feststellte. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Der Beklagte berücksichtigte den festgestellten Spendenvortrag sodann bei der Einkommensteuerveranlagung der Erben nach Herrn Q. H. für das Jahr 2005 im Verhältnis von je einem Drittel.

Mit Schreiben vom 18.09.2008 beantragte die Klägerin, auch im Namen der Erben nach Herrn Q. H., den Einkommensteuerbescheid 2004 und den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Großspendenabzugs auf den 31.12.2004 zu ändern. Hierzu legte sie sechs am 27.08.2008 ausgestellte Zuwendungsbestätigungen vor, aus denen sich Spenden des Herrn Q. H. in Höhe von insgesamt … EUR aus dem Zeitraum vom 25.02.2004 bis 15.07.2004 an die B. GmbH in E1. ergaben. In den Bescheinigungen war erläutert, die B. GmbH sei vom Finanzamt E1. gemäß Freistellungsbescheid vom 06.04.2005 als gemeinnützig anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Zuwendungsbestätigungen verwiesen.

Die B. GmbH war im Handelsregister des Amtsgerichts M. unter der Nr. … eingetragen. Nach den Handelsregistereintragungen wurde sie 2005 aufgelöst und 2006 beendet sowie im Handelsregister gelöscht. Als Liquidatorin war zuletzt Frau J1. R. I., E1., eingetragen.

Mit Bescheid vom 05.03.2009 lehnte der Beklagte den Antrag ab und begründete dies damit, mangels Änderungsvorschrift sei eine Änderung des Feststellungsbescheids nicht möglich. Zudem wies er darauf hin, dass eine Berücksichtigung des nicht verbrauchten Betrags der Großspende nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – (Urteil vom 21. 10. 2008 X R 44/05) bei den Erben nicht möglich sei.

Dagegen legten die Klägerin und die Erben nach Herrn Q. H. am 01.04.2009 Einspruch ein, der sich sowohl auf die Einkommensteuerveranlagung als auch auf die Feststellung des verbleibenden Großspendenabzugs bezog. Zur Begründung trugen sie vor, eine Änderung der Bescheide sei sowohl gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der AbgabenordnungAO – als auch gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich. Ein grobes Verschulden liege nicht vor, da die Erben die Zuwendungsbestätigungen erst nachträglich erhalten hätten und bei Einreichung der Steuererklärung hiervon keine Kenntnis hätten haben können. Der Spendenvortrag sei auch, zumindest für eine Übergangszeit bis zum 18.08.2008, vererblich.

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.11.2010 wies der Beklagte den Einspruch nur in Bezug auf den Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin und den Erben nach Herrn Q. H. als unbegründet zurück.

Daraufhin hat nur die Klägerin am 09.12.2010 Klage erhoben.

Nachdem sie mit Schriftsatz vom 14.02.2011 zunächst eine Berücksichtigung der vollständigen Spenden in Höhe von … EUR begehrt hatte, hat sie ihr Klagebegehren im Erörterungstermin vom 19.02.2013 reduziert und begehrt nun eine Änderung des Feststellungsbescheids in der Weise, dass lediglich der hälftige, auf sie allein entfallende Spendenvortrag in Höhe von … EUR zusätzlich anzuerkennen sei.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor: Obwohl die Spenden von ihrem inzwischen verstorbenen Ehe...

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