Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrere Erwerbe: Keine Saldierung negativer Erwerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Alleinerbe, der zugleich Vermächtnisnehmer ist, darf den positiven Erwerb aus dem Vermächtnis mit einem negativen Erwerb aus der Erbschaft nicht saldieren.

 

Normenkette

ErbStG § 14 Abs. 1 S. 5; BGB §§ 1922, 2174; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.03.2019; Aktenzeichen II R 29/17)

BFH (Beschluss vom 19.03.2019; Aktenzeichen II R 29/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein negativer Erwerb als Alleinerbe mit einem positiven Erwerb als Vermächtnisnehmer zu saldieren ist.

Der Erblasser verstarb am 00.00.0000. Ausweislich des notariellen Testaments vom 00.00.0000 war der Kläger unter I. als Alleinerbe eingesetzt. Darüber hinaus setzte der Erblasser unter II. zugunsten mehrerer Personen, darunter auch zugunsten des Klägers, Vermächtnisse aus, die die begünstigten Personen nach Berücksichtigung der Vermächtnisse und Ausgaben gemäß Ziffern III, IV und V vom verbleibenden Nettonachlass erhalten sollten. Auf den Kläger sollte ein Anteil von 5,5 % entfallen. Die unter II. angeordneten Vermächtnisse waren „ … erst fällig nach vollständiger Veräußerung des Immobilienbesitzes”.

Der Kläger erhielt das Vermächtnis als Vorausvermächtnis.

Darüber hinaus hatte der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet.

Zu den Einzelheiten wird auf das Testament, Blatt 11 bis 17 Erbschaftsteuerakte, hingewiesen.

Zum Nachlass gehörte der Grundbesitz A-Straße 1 und B-Straße 2 in L, für den Grundbesitzwerte in Höhe von X Euro bzw. X Euro festgestellt wurden, insgesamt X Euro. Auf die Mitteilungen in der Erbschaftsteuerakte wird hingewiesen. Der Grundbesitz wurde, wie vom Erblasser angeordnet, durch den Testamentsvollstrecker veräußert (A-Straße 1 für X Euro und B-Straße 2 für X Euro). Die letzte Veräußerung erfolgte am 00.00.0000. Der Mehrwert gegenüber den festgestellten Grundbesitzwerten betrug danach insgesamt X Euro.

Nach der vom Testamentsvollstrecker vor der Veräußerung der Immobilien eingereichten vorläufigen Erbschaftsteuererklärung setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer gegenüber dem Kläger durch Bescheid vom 16.01.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf X Euro fest. Er berücksichtigte dabei einen Erwerb durch Erbanfall in Höhe von X Euro und einen Vermächtniserwerb in Höhe von X Euro zum Stichtag 00.00.0000. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid in Band I der Erbschaftsteuerakte Bezug genommen.

Nach der Veräußerung des Grundbesitzes machte der Testamentsvollstrecker endgültige Angaben. Danach war der Erwerb durch Erbanfall negativ (- X Euro), das Vermächtnis zugunsten des Klägers belief sich auf X Euro. Auf den Schriftsatz des Testamentsvollstreckers vom 21.09.2013 (Band II der Erbschaftsteuerakte) wird hingewiesen.

In dem geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 22.11.2013 ging der Beklagte davon aus, dass auf den 09.02.2012 ein Erwerb durch Erbanfall in Höhe von 0 Euro und ein Erwerb durch Vermächtnis in Höhe von X Euro anzusetzen sei. Die Erbschaftsteuer betrug danach X Euro. Ein Erwerb durch Erbanfall in Höhe von 0 Euro ergab sich deshalb, weil der Beklagte den Gesamtwert der Nachlassgegenstände um den aufgrund der Veräußerung des Grundbesitzes erzielten Mehrwert von X Euro erhöhte.

Mit dem dagegen am 20.12.2013 erhobenen Einspruch machte der Kläger geltend, dass für die Ermittlung des Erwerbs durch Erbanfall der Grundbesitz lediglich mit den festgestellten Grundbesitzwerten anzusetzen sei. Danach ergebe sich für den Erwerb durch Erbanfall ein negativer Wert, der mit dem Wert des Erwerbs durch Vermächtnis zu saldieren sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 16.01.2008 II R 30/06, BStBl. II 2008, 626) stellten der Erwerb des Klägers als Alleinerbe und als Vorausvermächtnisnehmer trotz der unterschiedlichen Steuerentstehungszeitpunkte einen einheitlichen Erwerbsvorgang dar.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015 als unbegründet zurück. Auch unter Berücksichtigung des vom Kläger zitierten BFH-Urteils sei von zwei selbständigen Erwerben auszugehen. Die Regelung zur Fälligkeit der Vermächtnisse unter II. des Testaments stelle nicht eine reine Fälligkeitsbestimmung dar. Vielmehr handele es sich um eine aufschiebende Bedingung der Art, dass der jeweilige Vermächtnisanspruch frühestens im Zeitpunkt des Verkaufs des letzten der beiden Grundstücke entstanden sei. Vor Eintritt dieser Bedingung hätten die Vermächtnisnehmer ihren Anspruch gegen den Erben nicht wirksam durchsetzen können. Eine Saldierung der Erwerbe verbiete sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 5 ErbStG.

Mit seiner Klage vom 24.03.2015 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist darauf, in der Summe habe das Testament vorgesehen, das nach Veräußerung des Grundbesitzes und Abzug der Verbindlichkeiten laut Ziffern III., IV. und V. des Testaments verbleibende Geldvermögen nach den unter II. genannten Quoten auf die dort aufgeführten Vermächtnisnehmer, darunter auch der Kläger, zu verteilen. D...

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