Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung von Schuldzinsen aus Refinanzierung als nachträgliche Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Zinsen aus einem für den Erwerb einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung aufgenommenem Refinanzierungsdarlehen sind nach Veräußerung der Beteiligung oder Gesellschaftsauflösung nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar, es sei denn, die Aufwendungen entfallen noch auf eine Zeit vor der Veräußerung.

2) Unerheblich ist dabei, ob der Wegfall der Beteiligung freiwillig oder zwangsweise erfolgt.

 

Normenkette

EStG §§ 20, 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2010; Aktenzeichen VIII R 20/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Schuldzinsen aus der Refinanzierung eines Beteiligungserwerbs als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 9 Abs. 1 S. 1 u. 3 Nr. 1 i.V. mit § 20 Abs. 1 EinkommensteuergesetzEStG).

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Gesellschafter der … Werbeagentur GmbH (GmbH). Die Gesellschaft wurde am 09.06.1980 gegründet. Der Gründungsanteil des Klägers betrug 1/3 des Stammkapitals. In den Folgejahren stockte der Kläger seinen Anteil an der GmbH durch Anteilszukäufe auf 50 % des Stammkapitals auf. Im Jahr 1997 erwarb er die restlichen 50 % zu einem Kaufpreis i.H. von 300.000,– DM von dem seinerzeit ausgeschiedenen Mitgesellschafter. Den Kaufpreis finanzierte er u.a. durch ein Darlehen der Stadtsparkasse M i.H. von 225.000,– DM.

Mit notariellem Vertrag vom 22.12.2000 übertrug der Kläger seinem Sohn 49 % der Geschäftsanteile an der GmbH zu einem Kaufpreis i.H. von 5.000,– DM (Anteile im Nennwert von 25.000,– DM des 1997 erworbenen hälftigen Geschäftsanteils i.H. von 25.500,– DM). Einen entsprechenden Veräußerungsverlust i.S. des § 17 EStG erkannte der Beklagte (Bekl.) – wie von den Kl. beantragt – in der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2000 an. Schuldzinsen aus der Fremdfinanzierung des Anteilserwerbs machten die Kl. nur bis zum Zeitpunkt der Anteilsveräußerung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Die Darlehensrestschuld aus der Finanzierung des Anteilserwerbs betrug zum 31.12.2001 168.748,– DM. Im Jahre 2001 leistete der Kläger Schuldzinsen i.H. von 9.492,10 DM. In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 beantragten die Kl. den Abzug dieser Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Der Bekl. setzte die Einkommensteuer 2001 mit Bescheid vom 23.09.2002 auf 40.505,57 EUR fest. Die geltend gemachten Schuldzinsen ließ er dabei unter Hinweis auf H 171 des Einkommensteuer-Handbuchs zu § 24 EStG sowie auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 09.08.1983 (VIII R 276/82, BStBl. II 1984, 29) nicht zum Werbungskostenabzug zu.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 legten die Kl. mit Schriftsatz vom 01.10.2002 Einspruch ein. Nach einem Urteil des FG Saarland vom 21.11.2001 seien Schuldzinsen, die ein Gesellschafter einer in Konkurs befindlichen GmbH für ein zur Erfüllung von Bürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten der Gesellschaft aufgenommenes Darlehen gezahlt habe, entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar (1 K 230/98, EFG 2002, 315). Vor diesem Hintergrund müssten auch die auf den Erwerb des Anteils an der GmbH entfallenden Schuldzinsen des Klägers steuermindernd berücksichtigt werden.

Der Bekl. wies den Einspruch der Kl. mit Einspruchsentscheidung vom 29.12.2003 als unbegründet zurück. In seiner Entscheidung führte er aus: Schuldzinsen dürften nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie mit erstrebten oder zufließenden Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stünden (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Der Bundesfinanzhof habe einen solchen Zusammenhang nach dem Verkauf einer Beteiligung jedoch in ständiger Rechtsprechung verneint. Schuldzinsen, die auf die Zeit nach Veräußerung einer Einkunftsquelle entfielen, seien nicht als nachträgliche Werbungskosten abziehbar, soweit die frühere Einkünfteerzielung aus Vermögensgegenständen des privaten Bereichs erfolgt sei (Grundbesitz, wesentliche Beteiligung). Das gelte auch für den Fall, dass der Erlös aus der Veräußerung der Einkunftsquelle zur Deckung der mit ihrer Anschaffung zusammenhängenden Darlehensschulden nicht ausreiche. Für den Werbungskostenabzug sei vielmehr erforderlich, dass im Zeitpunkt der Entstehung der Schuldzinsen noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung bestehe (vgl. BFH, Urteil v. 12.11.1991, IX R 15/90, BStBl. II 1992, 289). Im Übrigen beträfe das von den Kl. angesprochene Urteil des FG Saarland das Ende der Einkünfteerzielung durch Konkurs einer GmbH. Es sei auf freiwillige Anteilsübertragungen und damit auf den vorliegenden Streitfall nicht anwendbar. Im Streitfall komme erschwerend hinzu, dass es sich bei ...

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