rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

"Argentinien-Anleihen" keine Finanzinnovationen

 

Leitsatz (redaktionell)

Mit der Zahlungseinstellung der Republik Argentinien auf unbestimmte Zeit und dem Übergang zum flat-Handel (Wertpapierhandel ohne Stückzinsabrechnung) durch die Deutsche Börse sind Anleihen der Republik Argentinien nicht zu Finanzinnovationen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c EStG geworden.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 2, 2 Sätze 1, 1 Nrn. 4, 4 Buchst. c, § 20

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.12.2006; Aktenzeichen VIII R 62/04)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf argentinische Staatsanleihen.

Der Beklagte hatte gegenüber dem Kläger für das Jahr 2003 Einkommensteuervorauszahlungen auf vierteljährlich 5.417,– EUR zuzüglich 298,– EUR Solidaritätszuschlag festgesetzt. Mit Schreiben vom 03.02.2003 beantragte der Kläger die Herabsetzung der Vorauszahlungen, beginnend ab dem 10.03.2003, auf 0,– EUR. Zur Begründung gab er an, er habe am 20.01.2003 durch notariell beglaubigten Kaufvertrag Finanzinnovationen – vormals argentinische Staatsanleihen mit einem Zinssatz von 11,75% bzw. einem variablen Zinssatz zwischen 8% und 15% – zum Preis von 39.243 EUR ohne Stückzinsabrechnung nach Börsentageskurs an seinen Sohn veräußert, deren Anschaffungskosten 175.008,– EUR betragen hätten. Der hierbei erlittene Verlust von 135.765,– EUR führe unter Zugrundelegen der übrigen Einkünfte wie in 2002 zu einem steuerpflichtigen Einkommen von 0,– EUR.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Neufestsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen ab, da noch auf Bundesebene geprüft werde, ob es sich bei den argentinischen Staatsanleihen um sogenannte Finanzinnovationen handele.

Der Kläger meint, mit der Zahlungseinstellung der Argentinischen Republik ab dem 24.12.2001 auf unbestimmte Zeit und dem durch Umschlüsselung erfolgten Übergang zum flat-Handel (Wertpapierhandel ohne Stückzinsabrechnung) durch die Deutsche Börse seien die Wertpapiere entsprechend internationaler Praxis zu Finanzinnovationen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c EStG geworden. Die Zahlungseinstellung führe zu einer Umqualifizierung der festverzinslichen Anleihen (Haisch, Der Betrieb 2002, 1736 ff; Wellmann, Deutsche Steuerzeitung 2002, 179 ff.). Die Besteuerung sei dann entweder nach der Emissionsrendite oder nach der Differenzmethode vorzunehmen. Da sich eine Emissionsrendite aufgrund der Zahlungseinstellung der Argentinischen Republik nicht ermitteln lasse, habe die Besteuerung nach der Differenzmethode zu erfolgen. Dabei sei die Differenz zwischen Anschaffungs- und Veräußerungspreis – hier ein Verlust von 135.765,– EUR – mit seinen übrigen positiven Einkünften zu verrechnen und die Vorauszahlungen auf 0,– EUR neu festzusetzen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, die Vorauszahlungen zur

Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2003, beginnend mit dem 10.06.2003, auf 0,– EUR herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Finanzinnovationen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG beträfe originäre Finanzinnovationen. Die im Streitfall vorliegenden Wertpapiere als ursprünglich argentinische Staatsanleihen erfüllten diese Bedingungen nicht.

Im übrigen komme die Anwendung der Differenzmethode auch deshalb nicht in Betracht, weil – selbst dann, wenn es sich vorliegend um Finanzinnovationen iSd § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG handele – der Kursverlust infolge eines außerhalb des Kapitalmarktes wirkenden Faktors, nämlich der Zahlungsunfähigkeit der Argentinischen Republik, auf der Vermögensebene ausgelöst worden sei. In solchen Fällen müsse eine einschränkende Auslegung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG dergestalt erfolgen, dass statt der Marktrendite (Differenzmethode) allein die rechnerisch auf die Besitzzeit des Veräußerers entfallende Emissionsrendite der Besteuerung zugrunde gelegt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen auf 0,– DM abgelehnt.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören die Erträge aus Anleihen, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Gewinne oder Verluste, die dadurch entstehen, dass ein Wertpapier über oder unter dem Nennwert des Kapitals veräußert wird, sind – von eng begrenzten gesetzlichen Ausnahmeregelungen abgesehen – grundsätzlich von einer steuerlichen Berücksichtigung ausgenommen. Solche Wertänderungen haben bei der Ermittlung der Einkünfte keine Bedeutung (vgl. Urteil des BFH vom 24.10.2000 VIII R 28/99, BStBl. II 2001, S. 97).

Diesem Grundsatz steht – auf den Streitfall bezogen – die Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 EStG durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigu...

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