Entscheidungsstichwort (Thema)

VgA an die Tante der Alleingesellschafterin

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei Leistungen an eine dem beherrschenden Gesellschafter nahe stehenden Person bedarf es einer klaren, im Vorhinein getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung.

2) Dies gilt jedenfalls auch dann für Angehörige i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 7 AO (Tante), wenn neben dem formalen Angehörigenstatus weitere besondere Umstände hinzukommen, die einen fehlenden Interessengegensatz wie unter fremden Dritten belegen.

 

Normenkette

AO § 15; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt –FA–) Zahlungen der Klägerin an ihre Geschäftsführerin, die Tante ihrer im Streitjahr alleinigen Gesellschafterin, aus einem Beratungsvertrag i.H.v. 60.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 11.400,00 EUR im Streitjahr 2013 zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) qualifiziert und dem steuerlichen Gewinn außerbilanziell hinzugerechnet hat.

Die Klägerin, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ….11.2008 durch Frau C D gegründet. Diese ist die Tochter der Geschäftsführerin. Gegenstand des Unternehmens ist die Erstellung der Buchhaltung im Rahmen des nach § 6 Nr. 3 und 4 Steuerberatungsgesetz in der jeweils gültigen Fassung erlaubten Umfangs, die Anfertigung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Erstellung von Frühwarnsystemen für Unternehmen, Seminare, Coachings und ähnliche unternehmensberatungstechnische Dienstleistungen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Errichtungsurkunde vom 10.11.2008 samt Anlage verwiesen.

Einzelvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreite Geschäftsführerin war – und ist laut Handelsregisterauszug immer noch – Frau B A, geborene D, die Mutter der o.g. Gründungsgesellschafterin. Mit notariellem Vertrag vom 8.2.2010 (UR-Nr. …/2010 des Notars E mit Amtssitz in F) übertrug Frau D ihren gesamten Geschäftsanteil an der Klägerin auf Herrn G H. Dieser wiederum übertrug den gesamten Geschäftsanteil an der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 23.3.2010 (UR-Nr. …/2010 des Notars E mit Amtssitz in F) auf Frau I J, die Nichte von Frau A. Im Streitjahr war diese somit Alleingesellschafterin der Klägerin. Diese wiederum übertrug im Dezember 2015 den gesamten Geschäftsanteil an der Klägerin zu einem Kaufpreis i.H.v. insgesamt 1,00 EUR auf Frau A (Kauf- und Abtretungsvertrag vom 17.12.2015, UR-Nr. …/2015 des Notars K mit Amtssitz in F). Diesbezüglich hat Frau J im Rahmen des ebenfalls beim Beklagten geführten Einspruchsverfahrens wegen Einkommensteuer für die Jahre 2011-2013 vorgetragen, hierbei habe es sich um einen „symbolischen Kaufpreis” gehandelt, da sie aufgrund der Privatinsolvenz ihrer Tante lediglich als formale Gesellschafterin eingeschaltet worden sei und die Anteile für ihre Tante daher „treuhänderisch” gehalten habe. Insoweit wird auf den sich in den Betriebsprüfungsakten befindlichen Schriftsatz vom 29.11.2017 Bezug genommen. Über das Vermögen von Frau A war durch Beschluss des Amtsgerichts L am ….10.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet sowie mit Beschluss des Amtsgerichts L vom ….11.2015 Restschuldbefreiung erteilt worden.

Zwischen Frau A und der Klägerin bestand ein Geschäftsführervertrag vom 10.11.2008. Dieser war mit einem Firmenstempel der Klägerin versehen und wurde allein von Frau A unterzeichnet, zum einen in ihrer Funktion als Vertreterin der Klägerin sowie zum anderen als Vertragspartnerin. Gem. § 3 des Geschäftsführervertrags betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden. An bestimmte Arbeitszeiten war Frau A nicht gebunden. Frau A erhielt ein festes Gehalt pro Kalenderjahr i.H.v. 18.000,00 EUR (§ 4 des Geschäftsführervertrags). Sie war berechtigt, im Voraus unter Anrechnung auf ihre Vergütung monatlich bis zu 2.000,00 EUR zu entnehmen. Die Aufhebung, Änderung und Ergänzung des Anstellungsvertrags sowie die Änderung dieser Schriftformklausel selbst bedurften gemäß § 8 der Schriftform. Für weitere Einzelheiten wird auf den Geschäftsführervertrag vom 10.11.2008 verwiesen.

Bezüglich des Geschäftsführergehalts von Frau A existieren ab dem Jahr 2011,

d.h. nach Übernahme sämtlicher Geschäftsanteile an der Klägerin durch Frau J, mehrere Gesellschafterbeschlüsse:

Mit Beschluss vom 15.3.2011 wurde das Geschäftsführergehalt von Frau A ab dem 1.4.2011 auf 2.000,00 EUR monatlich zuzüglich einer jährlich einmaligen Zahlung i.H.v. 500,00 EUR angehoben.

Mit Beschluss vom 27.12.2011 wurde das Geschäftsführergehalt von Frau A ab Januar 2012 auf 2.000,00 EUR „herabgesetzt”. Im Gegenzug dafür erhielt Frau A anteilige Weihnachtsgeld- und Urlaubsgeldbezüge in Höhe von jeweils 223,00 EUR pro Monat.

Mit Beschluss vom 13.10.2012 wurde das Geschäftsführergehalt ab September 2012 auf 2.500,00 EUR pro Monat erhöht. Die Weihnachtsgeld- und Urlaubsgeldzahlungen wurden gestrichen.

Ein Beschluss vom 29.12.2012 sah schließlich vor, das Geschäftsführergehalt von F...

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