Entscheidungsstichwort (Thema)

Entnahme eines Grundstücks aus einem Verpachtungsbetrieb auf Grund der Bestellung eines Erbbaurechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Steuerpflichtige hat im Falle der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will.

2. Der sachliche betriebliche Zusammenhang wird durch eine Entnahme gelöst, die einen Entnahmewillen und eine Entnahmehandlung erfordert.

3. Bei eigentlich zur Nutzung überlassenen Grundstücken, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Verpachtungsbetriebs gehören, ist das Vorliegen von Betriebsvermögen auch dann nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist. Solche Grundstücke bleiben bis zu einer Entnahme (gewillkürtes) Betriebsvermögen, sofern nicht die Nutzungsänderung einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs derart verändert, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt, was bei einem Umfang der Nutzungsänderung von mehr als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen der Fall ist.

4. Durch die Belastung eines an sich landwirtschaftlichen Betriebsgrundstücks mit einem Erbbaurecht wird das Grundstück dem Betrieb entzogen und somit eine Entnahme vorgenommen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 16 Abs. 3, 3b, § 55; AO § 163; EStG § 4 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Ansatz eines Entnahmegewinns für ein Grundstück aus einem Verpachtungsbetrieb aufgrund der Bestellung eines Erbbaurechts in den Streitjahren 2011 bis 2013 sowie über die abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2011 bis 2013 und der Zinsen zur Einkommensteuer 2013 aus Billigkeitsgründen gem. § 163 der AbgabenordnungAO –.

Die Klägerin war verheiratet mit Herrn E 2 und ist seit dem Jahr 1987 geschieden. Sie erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 2011 erzielte sie zudem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, in den Jahren 2012 und 2013 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuertarif unterlagen.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines 142.030 m² (14,2030 ha) großen Grundstück in A, Ortsteil O. Sie hatte das Grundstück im Wege der Erbfolge erworben nach ihrem am …1996 verstorbenen Vater, Herrn T, der bis 1991 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit den Zweigen Ackerbau und Viehhaltung führte. Seit 1991 wurde der gesamte Betrieb verpachtet. Die Klägerin trat nach der Erbfolge in die Pachtverhältnisse ein und führte diese fort. Sie betrieb die Land- und Forstwirtschaft nicht selbst. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass zu Beginn des Streitzeitraums ein 140.630 m² (14,063 ha) großes Grundstück zum Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Klägerin gehörte. Auf dem übrigen Teil, einem 1.400 m² großen Grundstück, befand sich das Wohnhaus der Klägerin. Dieses Grundstück gehörte zum Privatvermögen der Klägerin.

Im Streitzeitraum bestand ein Pachtvertrag zwischen der Klägerin als Verpächterin und Herrn H, A, als Pächter. Der Pachtvertrag wurde für die Zeit vom …2010 bis zum …2020 abgeschlossen und bezog sich ursprünglich auf eine Fläche von 7,2 ha zu einem Pachtzins von jährlich X € / ha. Im Jahr 2011 verminderte sich die Fläche auf ca. 3,9 ha. Aufgrund eines weiteren Pachtvertrags verpachtete die Klägerin an die P GmbH, A, 4,0 ha ihrer Grundstücke für den Zeitraum vom ….2006 bis zum …2016 zu einem Pachtzins von ebenfalls jährlich X € / ha. Darüber hinaus waren Wirtschaftsgebäude … an die P GmbH verpachtet. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass weder die Klägerin noch ihr Vater im Zusammenhang mit der Betriebsverpachtung die Absicht einer Betriebseinstellung erklärt hatte.

Mit Vertrag vom …2011 (UR-Nr. xxx/2011 des Notars C in A) bestellte die Klägerin ein Erbbaurecht auf dem im Grundbuch von A (Gemarkung O, Blatt xxxx, Flur x, Flurstück xxx nach Vermessung, zuvor Flurstück xxx) eingetragenen Grundstück zur Größe von 34.790 m² (nach Vermessung, zuvor 34.650 m²). Das Grundstück gehörte zum Betriebsvermögen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und war unbebaut. Erbbauberechtigte war die W GmbH & Co. KG, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts M unter HRA xxxx. Das Grundstück wurde am 1.10.2011 an die Erbbauberechtigte übergeben. Der Vertrag enthielt u.a. die folgenden Bestimmungen:

„B. Bestellung des Erbbaurechts

1. […]

3. Das Erbbaurecht beginnt mit dem Tage seiner Eintragung im Grundbuch und endet mit Ablauf des 31.12.2061 […].

C. Vertraglicher (dinglicher) Inhalt des Erbbaurechts

Zum vertraglichen (dinglichen) Inhalt des Erbbaurechts werden folgende Vereinbarungen getroffen:

I. Errichtung und Nutzung von Bauwerken

1. Der Erbbauberechtigte ist berech...

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