rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

In seiner Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1993 (Streitjahr) beantragte der Kläger (Kl.) u.a. die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages und eines Behindertenpauschbetrages für seinen am 28.01.1948 geborenen Bruder. Zugleich legte er einen seit 1977 gültigen Schwerbehindertenausweis vor, in dem der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Bruders mit 100 % angegeben war und der den Vermerk „H” trägt. Zur Begründung gab er an, der Bruder befände sich seit 1966 in der geschlossenen Abteilung des … Landeskrankenhauses in psychiatrischer Behandlung. Der Freiheitsentzug sei nach einem Beschluß des Amtsgerichts … vom 29.01.1990 zum Wohle des Betroffenen erforderlich und sei jeweils nach zwei Jahren zu überprüfen. Da sein Vater mittlerweile verstorben sei und seine Mutter aus Krankheits- und Altersgründen die weitere Pflege seines Bruders nicht mehr habe fortführen können, habe er im Dezember 1993 (Bestellungsurkunde des Amtsgerichts … vom 09.12.1993) die Pflegschaft für seinen Bruder übernommen. Bereits im Oktober 1993 habe er außerdem seinen Bruder unter der eigenen Anschrift (Nebenwohnung) angemeldet. Diesem stünde in der Wohnung ein separates Zimmer zur Verfügung, das anderweitig nicht genutzt werde.

Der Bekl. versagte die steuerliche Anerkennung eines Pflegekindschaftsverhältnisses. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Der Kl. meint, zwischen ihm und seinem seit der Geburt geistig behinderten Bruder bestehe ein Obhuts- und Pflegeverhältnis. Der Bruder habe sein Zuhause in der Wohnung des Kl., er verbringe dort seine Ferien. Hieraus ergebe sich das für ein Pflegekindschaftsverhältnis erforderliche enge familiäre Band. Ausgaben für seinen Bruder habe er für Bekleidung, Lebensmittel, Fahrtkosten und Miete in geschätzter Höhe von ca. 5.000,– DM aufgewendet.

Im übrigen ergebe sich auch aus der Haushaltsbescheinigung der Stadt … vom 13.11.1995 die Zugehörigkeit seines Bruders zum eigenen Haushalt.

Der Kl. beantragt,

den ESt-Bescheid 1993 i.d.F. der Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe zu ändern, daß ein Kinderfreibetrag, ein Haushaltsfreibetrag, ein Pauschbetrag für Körperbehinderung sowie ein Pauschbetrag für Pflege des behinderten Bruders gewährt werden.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, eine Haushaltszugehörigkeit des Schwerstbehinderten Bruders als Voraussetzung zur Berücksichtigung eines Pflegekindes liege nicht vor. Aus dem Sachvortrag des Kl. ergebe sich, daß der Bruder seit seiner Geburt überwiegend in Heimen und seit 1966 in der psychiatrischen Klinik … lebe. Dort befinde sich deshalb dessen Lebensmittelpunkt. Im übrigen habe der Bruder in einer persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht … selbst geäußert, er habe seine Heimat im Landeskrankenhaus … gefunden.

In einem auf Anfrage des Gerichts diesem vorgelegten Schreiben der … Klinik für geriatrische Psychiatrie … vom 11.10.1995 hat die Krankenanstalt bescheinigt, daß der Bruder des Kl. im Streitjahr seinen Urlaub von insgesamt ca. 4 Wochen (Jahreswechsel, Osterzeit und Sommer) beim Kl. verbracht habe.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Bekl. hat bei der Veranlagung zur ESt des Streit Jahres zu Recht die Gewährung eines Kinderfreibetrages (§ 32 Abs. 6 EStG), eines Haushaltsfreibetrages (§ 32 Abs. 7 EStG), eines Pauschbetrages für Körperbehinderung (§ 33 b Abs. 2, Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 EStG) und eines Pflegepauschbetrages (§ 33 b Abs. 6 EStG) abgelehnt. Die beantragten Steuervergünstigungen setzen voraus, daß es sich bei dem Bruder des Kl. um dessen Pflegekind im Sinne des. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt bzw. das der Steuerpflichtige (Stpfl.) die Pflege in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt. Hieran fehlt es im Streitfall.

Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist ein Pflegekindschaftsverhältnis dann anzunehmen, wenn der Stpfl. mit dem Kind durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist und er das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat. Weitere Voraussetzung ist, daß das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht und der Stpfl. das Kind mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält.

Grundsätzlich kann auch zwischen Geschwistern ein Pflegekindschaftsverhältnis bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Geschwisterkind etwa aufgrund einer Behinderung hilflos ist und aus dem natürlich oder rechtlich begründeten Obhuts- und Pflegeverhältnis zu seinen Eltern ausgeschieden ist (Urteil des BFH vom 05.08.1977 VI R 187/74, BStBl. II 1977, S. 832).

Vorliegend hat der Kl. zwar die Pflegschaft für seinen Bruder auf sich übertragen lassen. Dadurch allein entsteht jedoch noch kein Pflegekindschaftsverhältnis (Urteil des BFH vom 17.05.1990 IV R 14/87, BStBl....

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