Entscheidungsstichwort (Thema)

Erste Tätigkeitsstätte, Entfernungspauschale

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Hat der Arbeitsgeber im Arbeitsvertrag festgelegt, dass der Arbeitnehmer (Flugbegleiter) „als Beschäftigter in X.” beschäftigt wird und muss sich der Arbeitnehmer für den typischen Arbeitseinsatz immer in einem bestimmten Gebäude des Arbeitsgebers an dem Beschäftigungsort X. einfinden, ist dieser Ort als erste Tätigkeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 4 EStG ausreichend festgelegt.

2) Für Tage, an denen der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte aufsucht, ist die Entfernungspauschale i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen. Für die Tage, an denen der Arbeitnehmer nach einem mehrtägigen Einsatz lediglich die Strecke von der ersten Tätigkeitsstätte zu seiner Wohnung zurücklegt, kann keine (weitere) Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 4, 1 S. 3 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.02.2020; Aktenzeichen VI R 42/17)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, insbesondere die Höhe zu berücksichtigender Fahrtkosten.

Die Kläger werden gemäß §§ 26, 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 22.04.2015 und nochmals mit teilweise geänderten Werten am 24.04.2015 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 beim Beklagten ein. Der Kläger machte zu seinen nichtselbständigen Einkünften als Flugbegleiter neben anderen Werbungskosten (Aufwendungen für ein Arbeitszimmer und für Beiträge zu einem Berufsverband sowie allgemeine Werbungskosten) Aufwendungen i. H. v. 3.984,00 € (= 26.558 km × 0,15 €) für Fahrten zwischen seiner Wohnung in D. und dem Beschäftigungsort in X. geltend. Darüber hinaus beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Aufwendungen für Arbeitsmittel, und zwar in der Erklärung vom 22.04.2015 i. H. v. 2.758,00 € und in der Erklärung vom 24.04.2015 i. H. v. 2.371,64 €. Der letztgenannte Betrag ermittelte sich wie folgt:

Reinigung Uniform: 280,34 € + 115,33 €

395,67 €

Koffer

127,42 €

Berufskleidung

139,95 €

Portokosten / Passbilder beruflich

58,05 €

Bürobedarf / Speichermedien

176,75 €

Fachbücher

55,20 €

Trinkgelder

255,60 €

Verpflegungsmehraufwendungen

1.163,00 €

Summe

2.371,64 €

Mit Bescheid vom 07.05.2015 berücksichtigte der Beklagte die in der Erklärung vom 22.04.2015 geltend gemachten Aufwendungen erklärungsgemäß.

Mit Einspruch vom 27.05.2015 brachten die Kläger unter Hinweis auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24.06.2014 (4 K 3997/11, juris) vor, dass die Entfernungspauschale auch dann arbeitstäglich anzusetzen sei, wenn die An- und Abreise an unterschiedlichen Tagen stattfinde. Die Kläger begehrten insoweit den Ansatz von 85 Fahrten zwischen Wohnung und dem Beschäftigungsort X., mithin insgesamt Werbungskosten i. H. v. 6.910,50 € (= 85 Fahrten × 271 km × 0,30 €).

Nachdem der Beklagte dem mit Schriftsatz vom 25.06.2015 entgegengetreten war und auf eine mögliche Verböserung des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die bisher mit 2.758,00 € berücksichtigten Aufwendungen für Arbeitsmittel hingewiesen hatte, schränkten die Kläger im Einspruchsverfahren ihren Einspruch bzgl. der geltend gemachten Fahrtkosten ein und begehrten nur noch, die unbeschränkt als Sonderausgaben abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nicht um von den Klägern vereinnahmte Boni ihrer Krankenkasse zu mindern und den Einspruch insoweit bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem unter dem Aktenzeichen X R 17/15 geführten Revisionsverfahren ruhen zu lassen.

Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 27.08.2015 berücksichtigte der Beklagte Aufwendungen für Arbeitsmittel nur noch i. H. v. 2.371,64 € als Werbungskosten des Klägers und setzte die Einkommensteuer 2014 abweichend vom Bescheid vom 07.05.2015 fest. Über den Streitpunkt der Kürzung der Vorsorgeaufwendungen wurde wegen des Ruhens des Einspruchsverfahrens im Hinblick auf das vor dem BFH geführte Verfahren nicht entschieden.

Gegen die Teil-Einspruchsentscheidung haben die Kläger am 25.09.2015 Klage erhoben. Im Klageverfahren machten sie zunächst geltend, dass abweichend vom ursprünglichen Antrag in der Einkommensteuererklärung der Kläger an 14 Arbeitstagen Fahrten zum Stamm-Beschäftigungsort hin und auch am selben Tag zurück unternommen habe. An 62 weiteren Arbeitstagen sei der Kläger entweder von seiner Wohnung zum Stamm-Beschäftigungsort X. oder vom Beschäftigungsort X. zu seiner Wohnung gefahren. Auch für diese Tage sei die Entfernungspauschale jeweils in voller Höhe zu berücksichtigen. Es ergäben sich somit an 76 Tagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die insgesamt mit 6.178,80 € (= 76 Fahrten × 271 km × 0,30 €) anzusetzen seien. Abzüglich der bereits vom Beklagten berücksichtigten Kosten i.H.v. 3.984,00 € seien somit weitere 2.194,80 € als Werbungskosten für die Fahrten zu berücksichtigen. Bzgl. der entstandenen Verpflegungsmehraufwendungen sei zuletz...

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