Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung von IT-Leistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei den Leistungen der Stpfl. in Form von Bereitstellung, Betrieb, Betreuung und Administration der IT-Infrastruktur der Mitgliedskrankenkassen handelt es sich um Dienstleistungen, die dem Zweck dienen den Mitgliedskrankenkassen die Erfüllung ihrer gesetzlich vorgegebenen Aufgaben zu ermöglichen. Damit werden die von der Stpfl. an ihre Mitglieder erbrachten Tätigkeiten auch für unmittelbare Zwecke der Ausübung von hoheitlichen Tätigkeiten erbracht.

2. Durch die Steuerbefreiung besteht nach Ansicht des erkennenden Senats keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. Die fraglichen IT-Dienstleistungen setzen den uneingeschränkten Zugriff auf sämtliche Sozialdaten der Mitgliedskrankenkassen voraus. Die Leistungserbringung durch private Unternehmer wird in einem solchen Fall aber gerade durch § 80 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 SGB X ausgeschlossen.

 

Normenkette

RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f; SGB X § 80 Abs. 5 Nr. 2 S. 2; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. f

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.09.2018; Aktenzeichen V R 30/17)

BFH (Urteil vom 06.09.2018; Aktenzeichen V R 30/17)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die gegenüber den Mitgliedern der J eG erbrachten IT-Dienstleistungen unter Berufung auf das Unionsrecht umsatzsteuerfrei sind.

Die J eG, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen Klägerin dieses Verfahrens war, ist eine Arbeitsgemeinschaft i. S. des § 94 des Sozialgesetzbuchs (SGB) X in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. Nach ihrer Satzung bezweckt sie die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung. Unternehmensgegenstand ist die Betreuung der Mitglieder mit Datenverarbeitungs- und Organisationsdienstleistungen im Umfeld der von den Mitgliedern eingesetzten Datenverarbeitungssysteme. Mitglieder sind […]Krankenkassen und deren Verbände, andere Krankenkassen und Arbeitsgemeinschaften der gesetzlichen Krankenversicherung und einzelne natürliche Personen, die ein Amt im Vorstand der Klägerin übernommen haben.

Die J eG erbrachte gegenüber den mit ihr mitgliedschaftlich verbundenen Krankenkassen insbesondere folgende Leistungen:

  • • Bereitstellung, Betrieb und Administration von (Fach-)Anwendungen und Infrastruktur
  • • Betreuung von IT- und Kommunikationsinfrastruktur
  • • Fach- und Anwendungsberatung
  • • Anwendungsentwicklung und Integration von Fallmanagementverfahren
  • • Beschaffungsmanagement
  • • Beratung zu IT-Infrastruktur, lT-Sicherheit und Datenschutz

Die J eG betrieb für die Mitgliedskrankenkassen Datenverarbeitung im Auftrag. Sie speicherte im Rahmen ihres Auftrags den gesamten Datenbestand (Beitrags-, Leistungs- und Mitgliederdaten) der Mitgliedskrankenkassen. Die Erhebung und Nutzung der Daten erfolgte durch die Krankenkassen selbst. Neben der J eG waren in den Streitjahren im Bundesgebiet noch … weitere Rechenzentren der […]Krankenkassen auf gleiche Weise für ihre Mitglieder tätig.

Die Festlegung der Preise für ihre Leistungen geschah in den Streitjahren in der Weise, dass die J eG zunächst einen Wirtschaftsplan nach Kostenarten für das jeweilige Folgejahr erstellte. Die sich ergebende Summe der Kosten wurde anschließend nach einem Schlüssel auf die einzelnen Mitglieder verteilt. Für diesen Schlüssel war die Anzahl der Versicherten bei den einzelnen Krankenkassen maßgeblich, so dass sich ein einheitlicher Preis je Versicherten ergab. In den Streitjahren – abgesehen vom Jahr 2003, in dem ein Fehlbetrag von xxx € entstanden war – erzielte die J eG Jahresüberschüsse zwischen xxx € und xxx €. Die J eG nahm bei der Beitragsgestaltung Zuschläge für geplante Investitionen in EDV-technische Anlagen und für finanzielle Risiken, die sich aus dem Betrieb des Rechenzentrums ergaben, vor. Sofern sich im Nachhinein herausstellte, dass die erhobenen Beiträge die entstandenen Kosten überstiegen, beschloss der Vorstand die Rückvergütung des Überschusses an die Mitglieder. So wurden xxx € im Jahr 2001 und xxx € im Jahr 2006 an die Mitglieder zurückgezahlt. Soweit die J eG Leistungen gegenüber Nicht-Mitgliedern oder Sonderleistungen gegenüber Mitgliedern erbrachte, wurden in die Preisgestaltung Gewinnaufschläge einkalkuliert und die Leistungen unter Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet. Die Umsatzbesteuerung der Leistungen an Nicht-Mitglieder und der Sonderleistungen an Mitgliedskrankenkassen ist zwischen den Beteiligten unstrittig.

Beispielhaft auch für die übrigen Jahre des Streitzeitraums wurde der Preis der Leistungen gegenüber Mitgliedskrankenkassen für das Jahr 2002 wie folgt ermittelt: Im September 2001 wurde der Wirtschaftsplan für das Jahr 2002 aufgestellt. Bei dem im Wirtschaftsplan als „Überschuss” ausgewiesenen Betrag von xxx DM handelte es sich – nach Angaben der J eG – nicht um einen einkalkulierten Gewinn, sondern um einen genossenschaftlichen Aufschlag für Unwägbarkeiten. Falls nach Ablauf des Wirtschaftsjahr...

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