Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelmäßige Arbeitsstätte eines Amtsbetriebsprüfers

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitsplatz eines Amtsbetriebsprüfers im Finanzamt stellt seine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitsplatz des Klägers als Amtsbetriebsprüfer im Finanzamt seine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt.

Der im Streitjahr 2012 getrennt von seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagte Kläger ist als Betriebsprüfer beim Beklagten beschäftigt. Dort steht ihm ein eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung. Von den vom Kläger im Jahr 2012 insgesamt 1462 erfassten Stunden entfallen 471 auf Prüfungstätigkeiten im Außendienst, 975 Stunden auf Tätigkeiten im Finanzamt und die übrigen 16 Stunden auf eine auswärtige Schulung. Die 975 Stunden im Finanzamt teilen sich auf in 284 Stunden für Prüfungen im Innendienst, 125 Stunden für Prüfungsvorbereitungen (einschließlich Absetzungsverfügungen), 209 Stunden für Berichterstellung und Auswertung und 357 Stunden für sonstige Prüfungstätigkeiten, prüfungsfremde Zeiten sowie außendienstbezogene Fortbildungszeiten.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2012 gab der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit unter anderem Fahrten zum Finanzamt als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an 185 Tagen bei einer Entfernung von 12 km an. Darüber hinaus machte er Fahrtkosten zu auswärtigen Prüfungen in Höhe von 1.261,– EUR sowie Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 192,–EUR geltend. Die Fahrtkosten ermittelte er nach einem Kilometersatz von 1,18 EUR. Nach Abzug der steuerfreien Arbeitgebererstattung in Höhe von 512,– EUR verblieb für die Fahrtkosten und die Verpflegungsmehraufwendungen noch ein Betrag in Höhe von 941,– EUR.

Der Beklagte berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen in der erklärten Höhe als Werbungskosten. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, dass sein Arbeitsplatz im Finanzamt nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Dementsprechend seien auch die Fahrten dorthin mit den tatsächlichen Kosten (1,18 EUR/km) sowie höhere Verpflegungsmehraufwendungen anzusetzen. Danach ergäben sich folgende Beträge:

Fahrtkosten

5.846,– EUR

Mehraufwendungen für Verpflegung

984,– EUR

Abzüglich Erstattung

-512,– EUR

Abzugsfähige Werbungskosten

6.318,– EUR

Abzüglich bisher berücksichtigte Kosten

Fahrten Wohnung Arbeitsstätte

-666,– EUR

Sonstige Fahrten und MfV

-941,– EUR

Erhöhung der Werbungskosten

4.711,– EUR

Wegen der Ermittlung dieser Beträge wird im Einzelnen auf die vom Kläger eingereichten Aufstellungen (Bl. 48-64 der Einkommensteuerakte) Bezug genommen.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass für die Beurteilung, ob ein Arbeitsplatz eine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle, nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Aspekte zu berücksichtigen seien. Das Bild eines Außenprüfers sei geprägt vom Außendienst. Nach § 6 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) sei eine Prüfung im Regelfall in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen durchzuführen. Dort seien auch die tatsächlichen Feststellungen vorzunehmen, selbst wenn die Prüfung im Übrigen an Amtsstelle stattfinde. Der Aufenthalt des Prüfers vor Ort stelle für den Steuerpflichtigen den grundrechtsrelevanten Eingriff dar. Demgegenüber hätten die Prüfungsvorbereitung und die Abfassung des Berichts nicht die gleiche qualitative Wertigkeit wie die Prüfungshandlungen selbst. Eine Dispositionsmöglichkeit des Klägers (z.B. durch gezielte Wohnsitznahme zur Vermeidung von Arbeitswegen) bestehe nicht, weil er keinen Einfluss auf den Prüfungsgeschäftsplan habe. Schließlich sei die Beschränkung des Werbungskostenabzugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte restriktiv auszulegen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 7.6.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17.6.2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.9.2013 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 4.711,– EUR berücksichtigt werden,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass der hohe Anteil der Gesamtarbeitszeit des Klägers, den dieser im Finanzamt verbringe, für seine dortige regelmäßige Arbeitsstätte spreche. Hierbei handele es sich nicht nur um Prüfungsvor- und -nachbereitungen, sondern auch um Prüfungshandlungen im Innendienst. Da sich die Zeitanteile im Verhältnis zu den früheren Jahren nicht nennenswert geändert hätten, habe sich der Kläger von vornherein darauf einstellen können. Darüber hinaus komme den Prüfungsvorbereitungen ein hoher qualitativer Stellenwert zu. Dies zeige sich daran, dass Betriebsprüfer an ihrem Arbeitsplatz im Amt prüfungsrelevante Daten, die sie aufgrund der Datenzugriffsrechte erhalten, m...

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