Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbefreiung von Bürodienstleistungen gegenüber Bürogemeinschaft v. Berufsbetreuern

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Steuerbefreiung der Bürodienstleistungen der Stpfl. würde nach Auffassung des erkennenden Senats zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, denn die Stpfl. tritt selbst am Markt nicht werbend auf, sondern wird nur für ihre Gesellschafter tätig und greift daher mit ihrer Tätigkeit nicht in das konkurrierende Marktgeschehen ein. Andere Unternehmer, die am Markt Bürodienstleistungen anbieten, sind daher faktisch von der Möglichkeit ausgeschlossen, für die Gesellschafter der Stpfl. tätig zu werden. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass die von der Stpfl. erbrachten Bürodienstleistungen grds. auch von jedem anderen Unternehmen angeboten und erbracht werden könnten.

 

Normenkette

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. f; UStG § 4 Nr. 14d

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.05.2019; Aktenzeichen XI R 14/17)

BFH (Beschluss vom 15.05.2019; Aktenzeichen XI R 14/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin steuerbare Leistungen gegen Entgelt gegenüber ihren Gesellschaftern erbracht hat und, bejahendenfalls, ob die Leistungen der Klägerin von der Umsatzsteuer befreit sind und ob Personalkosten als durchlaufende Posten zu behandeln sind.

Die Klägerin ist eine GbR. Die Gesellschafter sind drei selbständige Berufsbetreuer, die Betreuungsleistungen gem. § 1896 BGB erbringen. Gegenstand der GbR ist laut § 2 des Gesellschaftsvertrags der Betrieb einer Bürogemeinschaft, insbesondere die Anmietung von Büroräumen, deren Ausstattung sowie die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die Anmietung und Untervermietung von Abstellflächen für Klienten-Mobiliar und die gegenseitige Vertretung in Betreuungsangelegenheiten. In § 12 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass sämtliche Betriebskosten für Personal, Investitionen und Instandhaltung, Telefon, Internet, Marketing, Betriebsfeiern etc. sowie alle anderen sächlichen Betriebskosten anteilig auf die Gesellschafter aufgeteilt werden. Hierfür wird der vom jeweiligen Gesellschafter in seinem Einzelunternehmen erzielte Jahresumsatz zugrunde gelegt und daraus der jeweilige Einzelanteil errechnet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen (Bl. 5 ff Vertragsakte).

Am 15.4.2002 schloss die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit Frau V T als Bürofachkraft (im Folgenden: Arbeitnehmerin). In diesem Vertrag ist die Klägerin als Arbeitgeberin bezeichnet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen (Bl. 14 Hefter „Rb-Verfahren USt 12/2013”). Im 5. Änderungsvertrag zu diesem Arbeitsvertrag ist als Vertragspartner „X E, S F, S B (Betreuungsbüro U)” genannt. In dem 5. Änderungsvertrag heißt es auch, dass der am 15.4.2002 geschlossene Arbeitsvertrag dem Grunde nach unbefristet weitergilt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Änderungsvertrag verwiesen (Bl. 16 Hefter „Rb-Verfahren USt 12/2013”). Die Personalkosten beliefen sich im Jahr 2008 auf insgesamt 28.246,61 EUR, im Jahr 2009 auf insgesamt 30.360 EUR, im Jahr 2010 auf insgesamt 41.237,16 EUR, im Jahr 2011 auf insgesamt 40.839,89 EUR, im Jahr 2012 auf insgesamt 39.724,10 EUR und im Jahr 2013 auf insgesamt 42.653,09 EUR.

Zudem mietete die Klägerin in den Jahren 2008 – 2013 von den Eheleuten Y (Vermieter), die gemäß § 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Umsätze verzichtet hatten, Büroräume an. Die monatliche Miete betrug 500 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 95 EUR. Ab Juli 2013 vermieteten die Vermieter steuerfrei.

In den Jahren 2008 bis 2013 erbrachte die Klägerin die im Gesellschaftsvertrag genannten Büroleistungen an ihre Gesellschafter und stellte ihnen die angefallenen Kosten entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag – für die Jahre 2008 bis 2012 mit ausgewiesener Umsatzsteuer – in Rechnung. Im Jahr 2008 erteilte die Klägerin Jahresrechnungen an ihre drei Gesellschafter über einen Betrag von insgesamt 43.312,88 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 8.229,45 EUR. Im Jahr 2009 beliefen sich diese Rechnungen auf insgesamt 48.508,79 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 9.216,67 EUR, in 2010 auf insgesamt 57.873,49 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 10.995,96 EUR, in 2011 auf insgesamt 60.604,86 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 11.514,92 EUR und in 2012 auf insgesamt 58.217,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 11.061,34 EUR. Die Gesellschafter erbrachten ihrerseits Leistungen als Berufsbetreuer an Dritte, die sie ebenfalls mit ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung stellten. Die Umsatzsteuer, die in den Jahresrechnungen der Klägerin offen ausgewiesen war, brachten die Gesellschafter in den Jahren 2008-2012 jeweils als Vorsteuer in Abzug. In 2013 zahlten die Gesellschafter insgesamt einen Betrag in Höhe von 58.125,25 EUR für Büroleistungen an die Klägerin. Die Klägerin erteilte in 2013 keine Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer.

In den Jahren 2008 bis 2011 wurde die Umsatzsteuer der Klägerin jeweils erklärungsgemäß – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung –...

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