Entscheidungsstichwort (Thema)

Negative ausländische Einkünfte aus dem Goldhandel einer in England ansässigen General Partnership

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine in England gegründete und ansässige General Partnership, die in einem Zeitraum von drei Jahren in kurzen Zeitabständen mehrfach Goldgeschäfte (An- und Verkauf) im Gesamtwert von mehreren Mio. € - bis zu 32 Mio. € - tätigt, um Preisunterschiede am Markt gewinnbringend auszunutzen, erzielt originär gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 2 EStG aus einem Goldhandel. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft nur Eigenhandel betreibt und die An- und Verkäufe nur mit insgesamt zwei Banken abwickelt.

2) Mangels inländischer und ausländischer Buchführungspflicht besteht die Wahl, den Gewinn aus dem Goldhandel durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zu ermitteln.

3) Negative ausländische Einkünfte aus diesen Geschäften können in Deutschland im Rahmen des Progressionsvorbehalts steuermindernd berücksichtigt werden (sog. Goldfinger-Gestaltung).

4) § 15b EStG findet mangels eines vorgefertigten Konzepts keine Anwendung, wenn die Beteiligten die Gründung der General Partnership selbst beschließen und die Verträge mit professioneller Hilfe gestalten.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, §§ 15b, 32b; AO §§ 140-141; EStG § 4 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.01.2017; Aktenzeichen IV R 50/14)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerrechtliche Behandlung von Goldgeschäften der Klägerin im Ausland.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft in Form einer General Partnership, die mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 20.12.2007 nach englischem Recht gegründet wurde. Die Kapitaleinlage betrug 5 Mio. EUR. Gesellschafter der Klägerin sind der Beigeladene zu 1. A und die Beigeladene zu 2. Frau B, die in N ihren Wohnsitz haben. Der Beigeladene zu 1. ist zu 80% und die Beigeladene zu 2. zu 20% an der Klägerin beteiligt. Beide Gesellschafter sind einzeln zur Geschäftsführung befugt. Nach Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages bestand die Klägerin ab dem 14.12.2007 und sollte auf unbestimmte Zeit bestehen. Die Klägerin hat seit ihrer Gründung ihren Sitz in London. Geschäftszweck der Klägerin ist seit ihrer Gründung der Kauf, der Verkauf, der Handel oder anderweitige Geschäfte mit Edelmetallen einschließlich Kauf und Verkauf von Optionen oder sonstigen Derivaten zum Zwecke der Verringerung von Verlustrisiken bzw. Hebung von Renditechancen. Außerdem darf die Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag auch Handelsoder Beratungsdienstleistungen gegenüber Dritten erbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages vom 20.12.2007 und des Gesellschaftsvertrages vom 10.03.2008 Bezug genommen.

Mit Vertrag vom 17.12.2007 mietete der Beigeladene zu 1. als geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin ein Büro in London von der Firma S an. Der Mietvertrag war zunächst bis zum 31.01.2008 befristet und wurde zweimal um jeweils einen Monat verlängert. Ende März 2008 endete das Mietverhältnis. Das Büro war unter anderem mit einem Computer, Internetanschluss, einem Faxgerät und einem Telefon ausgestattet. Die Klägerin erhielt eine eigene E-Mail-Adresse. In Briefen erschienen Name und Anschrift der Klägerin im Briefkopf.

Für den Handel mit Edelmetallen – insbesondere Gold – eröffnete die Klägerin bei der J.P. Morgan Private Bank (fortan: JPM) zwei Konten. Unter dem Konto mit der Unternummer 8 wurden Euro- und US-Dollarbeträge erfasst und unter dem Unterkonto 9 Goldbestände. Weiter nahm die Klägerin am 21.12.2007 bei der JPM einen Kontokorrentkredit in Höhe von 32 Mio. EUR auf. Am selben Tag erwarb die Klägerin 57.463,50 Uzen Gold (Preis pro Unze Gold: 559,06 EUR) und nahm hierfür einen Kontokorrent in Höhe von 32.125.544,31 EUR in Anspruch. Das Gold wurde in den Räumlichkeiten der J.P. Morgan Chase Bank verwahrt. Die zunächst in Sammelverwahrung befindlichen Goldbarren wurden etwa zwei Tage nach dem Zeitpunkt des Kaufs räumlich separiert und in gesonderten Tresoren für „allokiertes” Gold verwahrt. Weiter wurden sie in einer Barrenliste vermerkt und deren Wert unter Angabe der Werteinheit (Unzen) auf dem „allocated Goldkonto” der Klägerin gutgeschrieben. In der Barrenliste waren die Barrennummern, das Gesamtgewicht und die Feinheit der einzelnen Goldbarren jeweils vermerkt. Auf den Inhalt der Barrenliste (Anlage 11 der Klageschrift) wird Bezug genommen. Die Goldbarren wurden in den Tresoren getrennt von anderen Goldbeständen aufbewahrt.

Am 10.03.2008 mietete die Klägerin in London eine Wohnung an, die als neue Geschäftsadresse und als Büro mit Wirkung zum 15.03.2008 diente. Das Mietverhältnis war für zwölf Monate vereinbart. Das Büro war unter anderem mit einem eigenen Faxgerät und einem Computer ausgestattet.

Am 11.03.2008 erwarb die Klägerin gebrauchte Lebensversicherungspolicen im Wert von 61.463,82 GBP (Britische Pfund) von der Portfolio Design Group International Limited.

Das im Dezember 2007 erworbene Gold veräußerte die Klägerin in zwei Tranchen am 07.01.2008 und...

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