Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersgrenze für Versorgungsfreibetrag verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

Die für die Gewährung des Versorgungsfreibetrags nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG festgeschriebene Altersgrenze von 63 Jahren ist verfassungsgemäß und verstößt auch im Hinblick auf die Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater und öffentlicher Versorgungsbezüge nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 19 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.02.2013; Aktenzeichen VI R 12/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Versorgungsfreibetrages nebst Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Jahr 2007 (Streitjahr) geltenden Fassung (EStG).

Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der am 11. Juni 1947 geborene Kläger bezog unter anderem ab dem 1. Oktober 2007 eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie Versorgungsbezüge seines ehemaligen Arbeitgebers, der F. E. GmbH, in Höhe von 9.354 EUR.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr mit Bescheid vom 7. Oktober 2008 fest. Dabei berücksichtigte er bei den Versorgungsbezügen weder einen Versorgungsfreibetrag noch einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 EStG.

Mit Schreiben vom 4. November 2008 beantragten die Kläger, den Einkommensteuerbescheid 2007 gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO) zu ändern und bei den Einkünften aus den Versorgungsbezügen neben dem Werbungskostenpauschbetrag auch den gesetzlichen Versorgungsfreibetrag sowie den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu berücksichtigen. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass eine Nichtberücksichtigung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstelle.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 ab. Der Einspruch der Kläger vom 5. Januar 2009 blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2009).

Ihre hiergegen gerichtete Klage begründen die Kläger unter Verweis auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Im Streitjahr blieben Versorgungsbezüge, welche als Ruhegehalt aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften gezahlt würden, mit einem Anteil von 36,8 % (maximal 2.760 EUR) steuerfrei. Hinzu komme ein ebenfalls steuerfreier Zuschlag von 828 EUR. Auf das Lebensalter des Beziehers der beamtenrechtlichen Versorgung komme es dabei nicht an. Demgegenüber werde bei Versorgungsbezügen, welche aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der privaten Wirtschaft gezahlt würden, der Versorgungsfreibetrag nebst Zuschlag nur dann gewährt, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder aber – wenn er schwerbehindert sei – das 60. Lebensjahr vollendet habe. Dies führe dazu, dass der Kläger im Streitjahr nicht in den Genuss des Versorgungsfreibetrages und des Zuschlags komme. Diese gesetzliche Differenzierung zwischen Beamtenpensionen und betrieblichen Altersversorgungen aus einer Direktzusage stelle einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar.

Die seit dem Jahr 2005 geltende gesetzliche Neuregelung genüge der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 6. März 2002, 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618), die Alterseinkünfte der Beamten und der Rentner der privaten Wirtschaft einheitlich zu besteuern, nicht. Die Neuregelung schreibe vielmehr die bis zum 31. Dezember 2004 bestehende Ungleichbehandlung für die nächsten vierzig Jahre fest. Beamte, die erstmals im Jahr 2007 ihre Pension bezögen, erhielten lebenslang den Versorgungsfreibetrag in Höhe von 36,8 % ihrer Pension (maximal 2.760 EUR) zuzüglich eines Zuschlages von 828 EUR, während der Kläger diese Vorteile in den Jahren 2007 bis 2009 nicht erhalte. Zudem betrage der Freibetrag, der dem Kläger im Jahr 2010 gewährt werde, lediglich 32 % der Versorgungsbezüge (maximal 2.400 EUR) zuzüglich eines Zuschlages in Höhe von 720 EUR. Eine Gleichbehandlung werde erstmals im Jahr 2040 erreicht, d.h. gleichbehandelt würden erstmals Beamte und Arbeitnehmer, die heute 31 Jahre alt seien.

Die so dauerhaft festgeschriebene Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt, da es sich jeweils um arbeitgeberfinanzierte Leistungen handele, zu denen der Empfänger in seiner aktiven Zeit keine eigenen Beiträge geleistet habe. Die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Arbeitnehmern in Bezug auf den Versorgungsfreibetrag des § 19 Abs. 2 EStG sei bereits bezüglich der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Regelung in der Rechtsprechung als verfassungswidrig angesehen worden.

Bei Beamten liege das durchschnittliche Ruhestandseintrittsalter bei 60,3 Jahren. Die Altersgrenze von 63 Jahren werde im öffentlichen Dienst in 51,9 % aller Ruhestandseintritte bei Gebietskörperschaften nicht erreicht. In der Privatwirtschaft liege das durchschnittliche Rentenalter ebenfalls unte...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge