Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung der Einkünfte eines Berufsbetreuers

 

Leitsatz (redaktionell)

Einkünfte eines Berufsbetreuers sind als gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren, da eine Ähnlichkeit mit den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten sonstigen freiberuflichen Tätigkeiten, insbesondere der eines Vermögensverwalters, nicht gegeben ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1, 1 Nr. 1, §§ 18, 18 Abs. 1, 1 Nr. 3, § 15

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.11.2004; Aktenzeichen IV R 26/03)

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht des Klägers bzw. seine Verpflichtung, ab dem 01.01.2001 Bücher zu führen.

Der Kläger ist mit der Qualifikation eines Diplompädagogen und Gestalttherapeuten als Berufsbetreuer tätig. Die von ihm erzielten Gewinne lagen in den Streitjahren 1995 bis 1999 jeweils über 48.000,– DM. In 1999 betrug der vom Kläger erklärte Jahresüberschuss 72.470,88 DM. Mit Schreiben vom 26.09.2000 teilte der Beklagte unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung dem Kläger mit, die von ihm erzielten Gewinne als Berufsbetreuer seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Er habe deshalb Gewerbesteuererklärungen abzugeben und ab dem 01.01.2001 Bücher zu führen (§ 141 Abs. 1 Satz 1 AbgabenordnungAO –). Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Da der Kläger in der Folgezeit Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre nicht abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen in Höhe der erklärten Jahresüberschüsse. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb ebenfalls erfolglos.

Der Kläger meint, ein Berufsbetreuer sei selbstständig und nicht gewerblich tätig. Er werde von den jeweiligen Vormundschaftsgerichten zur Übernahme und Durchführung von Betreuungen bestellt. Der Umfang und die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit ergebe sich entweder aus den Bestellungsbeschlüssen des Vormundschaftsgerichts oder aus den Anforderungen der §§ 1896 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach werde eine Betreuung eingerichtet, wenn ein volljähriger Mensch auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst besorgen kann. Dem Betreuer obliege dann neben dem Beistand in Form einer tatsächlichen Fürsorge die gerichtliche und außergerichtliche und damit in erster Linie die rechtliche Vertretung des Betreuten.

Im Übrigen sei er im Rahmen seines Aufgabenkreises weitestgehend unabhängig. Nur in bestimmten Angelegenheiten (z.B. Wohnungsauflösung) bedürfe er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Dies sei typisch für eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Verstehe man die dort aufgezählten Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers, des Vermögensverwalters und des Aufsichtsratsmitglieds als eine gruppenähnliche Tätigkeit, die fremdnützig in einem fremden Geschäftskreis und weitestgehend selbstständig ausgeübt werde, dann sei auch die Berufsbetreuung, die diese Merkmale erfülle, als eine sonstige selbstständige Tätigkeit iSd § 18 EStG anzusehen.

Der Kläger beantragt,

  1. die mit Bescheid vom 26.09.2000 idF der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2001 auferlegte Buchführungspflicht zum 01.01.2001 aufzuheben,
  2. die mit Bescheiden vom 16.02.2001 festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge 1995 bis 1999 idF der Einspruchsentscheidung vom 04.05.2001 aufzuheben und
  3. hilfsweise im Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen,

hilfsweise im Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Er meint, der Kläger habe keine sonstige selbstständige Tätigkeit iSd § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeübt. Diese Vorschrift umschreibe diesen Begriff nicht, sondern erläutere ihn lediglich durch eine beispielhafte Benennung bestimmter Tätigkeiten. Der Begriff der sonstigen selbstständigen Arbeit könne deshalb nur solche Tätigkeiten umfassen, die den im Gesetz genannten Tätigkeiten ganz ähnlich seien. Die Tätigkeit eines Berufsbetreuers sei mit der im Gesetz genannten Tätigkeit einer Vermögensverwaltung nicht vergleichbar. Vermögensverwaltung beinhalte verzinsliches Anlegen fremden Kapitalvermögens bzw. Vermietung und Verpachtung fremden Immobilienvermögens. Demgegenüber nehme der Berufsbetreuer lediglich u.a. fremde wirtschaftliche und finanzielle Interessen war. Hauptmerkmale des seit 1992 geltenden Betreuungsrecht seien dagegen der persönliche Kontakt und das persönliche Gespräch mit der betreuten Person. Insoweit unterscheide sich das äußere Erscheinungsbild eines Berufsbetreuers wesentlich von dem Erscheinungsbild des in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Vermögensverwalters.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die aus der Tätigkeit als Berufsbetreuer erzielten Einkünfte des Klägers sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gewerbesteuerpflichtig. Der Kläger übt keinen freien Beruf iSd § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG aus.

Ein der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb ist gemäß § 2 Abs. 1 Sat...

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