Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der rechtlichen Einordnung von Vorsteuerberichtigungsbeträgen im Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Berichtigungsansprüche nach § 15a Abs. 1 UStG, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, sind Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

2. Bei der Korrektur nach § 15a UStG handelt es sich nicht um die Berichtigung einer fehlerhaften Steuerfestsetzung und Rückzahlung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Anspruch genommenen Steuervorteils, sondern um einen eigenständigen Steuertatbestand.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 15a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2011; Aktenzeichen XI R 35/09)

 

Tatbestand

Streitig ist noch, ob es sich bei Vorsteuerberichtigungsbeträgen nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die auf Zeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen, um Insolvenzverbindlichkeiten oder um Masseverbindlichkeiten handelt.

Der Kläger (Kl.) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Grundstücksgemeinschaft T GbR (im Folgenden: GbR).

Die GbR errichtete im Jahr 1998 eine Einkaufspassage in J. Die einzelnen Ladenlokale wurden an verschiedene Mieter vermietet. Aus den Herstellungskosten zog die GbR die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe der Quote der im Erstjahr 1998 erfolgten steuerpflichtigen Vermietung von 79% als Vorsteuer ab. Durch Wechsel der Mieter bzw. Änderung der Mietverträge verringerte sich diese Quote im Jahr 2000 auf 75,07% und im Jahr 2001 auf 75,21%.

Am 30. April 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR eröffnet und der Kl. zum Insolvenzverwalter bestellt. Aufgrund der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die GbR vorgenommenen Änderungen der Mietverträge betrug die Quote der steuerpflichtigen Vermietungsumsätze in den Streitjahren:

2002 (ab Insolvenzeröffnung):

75,36%

2003

75,65%

2004

75,30%.

In den Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2002 und 2003, denen der Beklagte (Bekl.) zunächst zustimmte, gab der Kl. keine Berichtigungsbeträge nach § 15a UStG an. In der Erklärung für das Streitjahr 2004 berechnete der Kl. einen Berichtigungsbetrag nach § 15a UStG, der auf Änderungen der Mietverträge vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt, in Höhe von 7.925,91 EUR, gab aber zugleich an, dass es sich nach seiner Ansicht bei diesem Betrag um eine Insolvenzforderung handele, die zur Tabelle angemeldet werden müsse. Gegen die als Steuerfestsetzung wirkende Steuererklärung für 2004 legte der Kl. am 9. Januar 2006 mit dieser Begründung Einspruch ein.

Mit Bescheiden vom 18. Januar 2006 änderte der Bekl. die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2002 und 2003 unter anderem dahingehend, dass Berichtigungsbeträge nach § 15a UStG in Höhe von 7.123,53 EUR für 2002 und 6.556,– EUR für 2003 zu Lasten des Kl. berücksichtigt wurden. Von dem Korrekturbetrag für das Jahr 2003 (6.556,– EUR) entfällt ein Teilbetrag in Höhe von 567,53 EUR auf Mietvertragsänderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Kl. vorgenommen wurden. Die Höhe der Berichtigungsbeträge ist zwischen den Beteiligten in allen Streitjahren unstreitig.

Hiergegen legte der Kl. am 27. Januar 2006 Einspruch ein, den er damit begründete, dass Korrekturbeträge in Höhe von 7.123,53 EUR für 2002 und in Höhe von 5.998,47 EUR für 2003 keine Masseverbindlichkeiten, sondern Insolvenzforderungen darstellten. Die „Änderungen der Verhältnisse” im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG seien nicht durch Handlungen des Kl. als Insolvenzverwalter, sondern zuvor durch Handlungen der Insolvenzschuldnerin eingetreten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2007 wies der Bekl. die Einsprüche für alle drei Streitjahre als unbegründet zurück. Bei den Berichtigungsbeträgen nach § 15a Abs. 1 UStG handele es sich nicht um Insolvenzforderungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien, sondern um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO). § 15a UStG stelle nicht auf den Abschluss der schuldrechtlichen Verträge ab, sondern auf die tatsächliche Verwendung des Mietobjekts. Erst die Monat für Monat erfolgte Vermietung durch den Kl. als Insolvenzverwalter stelle die tatsächliche Verwendung dar.

Der Kl. hat am 14. März 2007 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass durch die Fortführung der Mietverhältnisse durch den Insolvenzverwalter nicht mehr der Tatbestand des § 15a UStG verwirklicht werde. Eine Änderung der Verhältnisse sei nur einmalig bei Änderung der Mietverträge eingetreten. Hierdurch sei bereits der Rechtsgrund für die spätere Vorsteuerberichtigung gelegt worden. Entsprechend der Systematik des Vorsteuerabzugs müsste die Berichtigung bereits im Zeitpunkt der Änderung der Verträge in vollem Umfang vorgenommen werden. Dass der Gesetzgeber eine quotale Verteilung auf zehn Jahre vorsehe, sei eine technische Besonderheit des § 15a UStG und stehe der Einordnung als Insolvenzforderung nicht entgegen. Bei der Zuordnung eines Anspruches als Insolvenzforderung oder Masseforderung sei auf die ...

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