Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenträgerüberlassungsverlangen von Daten des Warenwirtschaftssystems einer Apotheke bei Außenprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind mittels eines Warenwirtschaftssystems programmgesteuert abgespeicherte Einzeldaten keine nach § 147 Abs 1 AO gesondert aufzubewahrende Unterlagen, so besteht hierauf auch kein Datenzugriffsrecht der Finanzbehörden. Ein Verlangen der Überlassung von Datenträgern ist ermessenfehlerhaft, sofern sämtliche Unterlagen in schriftlicher Form vorgelegt wurden und darüber hinaus auch Zugriff auf das Datenverarbeitungssystem gewährt worden ist.

 

Normenkette

AO § 147 Abs. 6, 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Verlangens, bestimmte Daten bzw. einen Datenträger mit bestimmten Dateien zur Verfügung zu stellen.

Die Klägerin betreibt als Einzelunternehmerin eine Apotheke. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes. Die Warenbewegungen (Einkaufs- und Verkaufseinzeldaten) sowie Tages- oder Monatsabschlüsse bzw. Inventuren werden mithilfe des Warenwirtschaftssystems xxx aufgezeichnet bzw. erstellt. Ein Modul zur Aufbereitung der Daten in eine Excel-Version hat die Klägerin nicht erworben.

Im Rahmen einer – derzeit noch – laufenden Außenprüfung wurden dem Außenprüfer sämtliche Unterlagen, die er anforderte, in schriftlicher Form vorgelegt. Zugleich wurden ihm sämtliche der Klägerin verfügbaren Zugangsdaten zu den elektronischen Daten aus dem Warenwirtschaftssystem xxx überlassen. Anfragen zu diesen elektronischen Daten wurden entweder von der Klägerin oder einem Ansprechpartner des Datenzentrums beantwortet und entsprechende Hilfestellungen geleistet. Allerdings konnte der Außenprüfer über die Daten im Warenwirtschaftssystem nicht in aufbereiteter elektronischer Form verfügen.

Der Außenprüfer forderte die Klägerin daher auf, ihm die Daten des Warenwirtschaftssystems nicht – wie geschehen – in schriftlicher Form, sondern in elektronisch aufbereiteter Form als Excel-Datei zur Verfügung zu stellen. Dies lehnte die Klägerin ab.

Daraufhin erließ der Beklagte am 30.04.2013 einen Bescheid, auf den Bezug genommen wird. Mit diesem Bescheid bat der Beklagte die Klägerin u.a.

„im Rahmen der laufenden Betriebsprüfung für die Jahre 2009 bis 2011 um Vorlage folgender Daten (Datenträgerüberlassung) aus dem Warenwirtschaftssystem xxx, soweit ein auf die einzelne Unterlage bezogenes Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 102 [der Abgabenordnung (AO)] oder ein Vorlageverweigerungsrecht gem. § 104 AO dem nicht entgegensteht:

Dateiname …”

Der Beklagte begründete dies u.a. damit, dass die Umsätze der Apotheke im Wesentlichen in Form von Bargeschäften getätigt worden seien. Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung sowie die Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Betriebseinnahmen seien daher Prüfungsschwerpunkte. Für die Prüfungshandlungen seien u.a. die näher bezeichneten Dateien erforderlich.

Zum Datenzugriffsrecht ist außerdem ausgeführt:

„Eine Anforderung der steuerlich relevanten Daten für die Datenträgerüberlassung ist meines Erachtens der geringstmögliche Eingriff im vorliegenden Fall und bietet Ihnen darüber hinaus die Möglichkeit, Daten unter Beachtung des Auskunftsverweigerungsrechts gem. § 102 AO für Berufsgeheimnisträger (Apotheker) und des Vorlageverweigerungsrechts gem. § 104 AO zur Verfügung zu stellen. Ich weise in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass eine Ausblendung oder Anonymisierung von Daten nicht zur Vereitelung der Prüfbarkeit der Grundaufzeichnungen … führen darf. So muss beispielsweise ein eindeutiger Index in den Daten enthalten sein, der eine Verknüpfung von Buchung und Beleg und damit eine progressive und retrograde Prüfbarkeit ermöglicht. Aus den Datensätzen muss beispielsweise auch der Inhalt des Geschäfts und der Umsatzsteuersatz ersichtlich sein, um eine Überprüfung der angesetzten Umsatzsteuersätze vornehmen zu können.

Zur Gewährleistung des Datenzugriffsrechts nach § 147 Abs. 6 AO ist es Aufgabe des Berufsgeheimnisträgers, die Datenbestände so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine geschützten Bereiche tangiert werden können …. Als Mittel der Anonymisierung kommen insoweit beispielhaft Zugriffsberechtigungskonzepte, die eine hinreichende Datentrennung gewährleisten und mit eindeutigen Ordnungs- bzw.

Identifikationsmerkmalen arbeiten, die keine Rückschlüsse auf die Identität des Mandanten zulassen, in Betracht.”

Gegen den Bescheid vom 30.04.2013 legte die Klägerin mit am 29.05.2013 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben Einspruch ein.

In diesem Schreiben verwies die Klägerin u.a. darauf, dass näher bezeichnete Dateien sowie die neben den Dateien aufgeführten Unterlagen zum Warenwirtschaftssystem nicht geführt würden. Sofern es dem Außenprüfer nicht möglich sei, die Daten in eine Excel-Version zu transferieren, liege dies nicht an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin. Ein entsprechendes Modul stehe ihr – der K...

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