Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverwaltervergütung, Verbraucherinsolvenzverfahren, Restschuldbefreiung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die zugunsten des Insolvenzverwalters in einem Verbraucherinsolvenzverfahren festgesetzte Tätigkeitsvergütung führt beim Insolvenzschuldner, der zuvor betriebliche Einkünfte erzielte, nicht zu einer Betriebsausgabe i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG, weil das Verbraucherinsolvenzverfahren die wirtschaftliche Stellung des Schuldners als Person und damit den privaten Vermögensbereich betrifft.

2) Die Insolvenzverwaltervergütung ist auch nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, weil dem Insolvenzschuldner insoweit keine Aufwendungen entstanden sind bzw. kein Abfluss aus seinem Vermögen erfolgte.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1; InsO §§ 286, 287 Abs. 1, § 305; EStG § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2021; Aktenzeichen VI R 41/18)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenztreuhänder im Rahmen einer vom Insolvenzgericht angeordneten Nachtragsverteilung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn V J (Insolvenzschuldner). Er begehrt bei der Einkommensteuerveranlagung des Insolvenzschuldners für den Veranlagungszeitraum 2012 für seine vorangegangene Tätigkeit als Insolvenzverwalter durch das Insolvenzgericht festgesetzte Tätigkeitsvergütung als außergewöhnliche Belastung im Sinne des i.S.d. § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen.

Der Insolvenzschuldner war von 1996 bis Dezember 2005 als kaufmännischer Angestellter für die Fa. X-GmbH in D und für die Fa. Y GmbH in M (nachfolgend: Y GmbH) tätig. Ab Dezember 2005 hatte der Insolvenzschuldner V J einen selbständigen Betrieb „Bildbearbeitung” inne und war als freier Mitarbeiter für die Y GmbH tätig. Diese selbständige Tätigkeit stellte der Insolvenzschuldner im April 2007 ein, nachdem über das Vermögen der Y GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Der Insolvenzschuldner stellte seinerseits am 29.09.2007 einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen wegen bestehender Zahlungsunfähigkeit und stellte zugleich einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 29.10.2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. In seinem Zwischenbericht vom 22.12.2007 führte der Kläger u.a. aus, dass der Insolvenzschuldner über keine ordnungsgemäße eingerichtete Buchführung verfügt und keine Jahresabschlüsse erstellt habe. Ausweislich des Schlussberichts wurden letztlich Insolvenzforderungen von 29.123,28 € zur Insolvenztabelle angemeldet.

Zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens richtete der Kläger zwei Treuhandkonten bei der Sparkasse Z. ein, zum einen das laufende Konto Nr. 11 111 111 und ein Festgeldkonto mit der Nr. 22 222 222. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Schlussberichts befanden sich auf den vorgenannten Treuhandkonten insgesamt 5.479,27 €, dies entspricht dem Saldo der in dem Schlussbericht dargestellten Einnahmen i.H.v. 14.152,67 € und der Ausgaben i.H.v. 8.673,40 €. Nach dem Schlussbericht sollte sich die Insolvenzmasse noch um Einkommensteuererstattungen und Zinsen in Höhe von voraussichtlich insgesamt 519,66 € (498,66 € zzgl. 21,00 €) erhöhen. Für den Fall, dass die Insolvenzverwaltervergütung antragsgemäß mit 3.760,66 € festgesetzt werde und Gerichtskosten von etwa 500,– € anfielen, werde ein Betrag von 1.738,27 € zur Verteilung auf die am Verfahren beteiligten Gläubiger zur Verfügung stehen. Es sei mit einer Quote von 7,517402375 % zu rechnen.

Mit Beschluss vom 24.09.2012 setzte das Amtsgericht N in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn V J die Vergütungen und Auslagen des Klägers auf 3.760,41 € fest und gestattete, dass dieser Endbetrag der verwalteten Masse entnommen werden könne.

Dem Insolvenzschuldner wurde sodann mit Beschluss vom 30.11.2012 Restschuldbefreiung nach Maßgabe des § 291 der Insolvenzordnung (InsO) a.F. angekündigt und der zuvor als Insolvenzverwalter bestellte Kläger nach § 291 Abs. 2 InsO a.F., 292 InsO zum Treuhänder bestellt.

Nach Vollzug der Schlussverteilung hob das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 14.01.2013 das Insolvenzverfahren gemäß § 200 InsO auf. Bezüglich der Rückerstattungsansprüche hinsichtlich der Einkommensteuer, bei denen der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor und/oder während des Insolvenzverfahrens, d.h. bis zum Tag der Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens, verwirklicht worden sei, wurde von Amts wegen die Nachtragsverteilung nach § 203 InsO angeordnet. Gleichzeitig wurde der Kläger als der zukünftige Wohlverhaltenstreuhänder ermächtigt, entsprechend notwendige Aufträge zu erteilen und Rechnungen zu begleichen sowie zugeflossene Gelder im Wege der jährlichen Ausschüttung im Anschluss an das Tätigkeitsjahr zu verteilen.

Am 25.09.2013 wurde für den Insolvenzschuldner, der im Streitjahr Einkünfte aus § 19 EStG erzielt hat, die Einkommensteuererklärung 2012 beim Beklagten eingereicht und dabei die v...

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