Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Steuerentstehung und Umfang der Bereicherung bei mittelbarer Grundstücksschenkung in Herstellungsfällen

 

Leitsatz (redaktionell)

Wegen der Besonderheiten der mittelbaren Grundfstücksschenkung in Herstellungsfällen ist hinsichtlich des Zeitpunktes der Entstehung der Schenkungsteuer einheitlich auf den Zeit-punkt der Bezugsfertigkeit abzustellen. Bauzeitzinsen und Vorsteuererstattungen sind als zu-sätzliche Bereicherungen in die Berechnung der Schenkungsteuer bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung einzubeziehen, wenn das übertragene Geld einschließlich dieser Be-träge die Baukosten übersteigt. Auf die Zinsen bzw. das Kapital vom Beschenkten gezahlte Ertrag- und Vermögensteuern sind vom Wert der Bereicherung abzusetzen.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1, 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.12.2002; Aktenzeichen II R 75/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Bereicherung bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung, wenn der zur Begleichung der Baukosten übertragene Geldbetrag zusammen mit Vorsteuererstattungen sowie Kapitalerträgen und Kursgewinnen aus zwischenzeitlicher Anlage des Geldes die für die Errichtung der Immobilie aufgewandten Baukosten übersteigt.

I Tatbestand:

Durch notariellen Vertrag vom 02.10.1990 übertrug Frau MO (Mutter) auf ihre Kinder, den Kl. sowie dessen Geschwister 10, RO und JO (der Kl. und seine Geschwister im folgenden Geschwister), verschiedene Grundstücke, gelegen an der Bstraße in W. Den größeren Teil dieser Parzellen hatte die O Immobilien GmbH & Co KG, an der nur die Geschwister beteiligt waren, durch notariellen Vertrag vom 11.08.1990 der Mutter zum Preis von DM verkauft. Eine weitere Teilfläche hatte die Mutter von der Stadt W gekauft.

Die Kommanditanteile an der O Immobilien GmbH & Co KG wurden zu je 40 % von dem Kl. und seinem Bruder und zu je 10 % von den Schwestern des Kl. gehalten;

Das von der O Immobilien GmbH & Co KG erworbene Grundstück sowie die zugekaufte Teilfläche (im folgenden Grundstück) übertrug die Mutter durch notariellen Vertrag vom 02.10.1990 auf die Geschwister. Der Vertrag enthält folgende Präambel:

„I Ausgangslage

Die bisherigen Verkaufseinrichtungen der OGesellschaften entsprechen nicht mehr zeitgemäßen Ansprüchen. Zur Sicherung einer gedeihlichen Entwicklung der O-Gruppe unter sich ändernden Konkurrenzbedingungen ist ein Neubau erforderlich.

Dieser soll in W, Bstraße, entstehen. Für die Bebauung der Grundstücke ist nach den bereits erfolgten Planungen ein Betrag in einer Größenordnung von DM erforderlich; Einzelheiten ergeben sich aus der Projektmappe der Architekten B ‚Neubau Einrichtungshaus O-W’.

Frau MO wird Eigentümerin der für die Bebauung vorgesehenen Grundstücke Bstraße; weiterhin verfügt sie über die für die Durchführung des Bauvorhabens erforderlichen finanziellen Mittel.

Im Rahmen dieser Vereinbarung möchte Frau MO im wirtschaftlichen Ergebnis die mit einem Verkaufszentrum zu bebauenden Grundstücke auf ihre Kinder übertragen. Die Übertragung erfolgt unentgeltlich; sie soll auch der vorweggenommenen Erbfolge dienen.”

Der Besitz an den Grundstücken ging mit Wirkung vom 03.10.1990 auf die Geschwister über. An dem Grundstück waren danach der Kl. sowie sein Bruder R O mit jeweils 10 %, die Schwestern 10 und JO mit jeweils 40 % beteiligt.

Außerdem übertrug die Mutter nach V des Vertrags den Geschwistern zu gleichen Anteilen wie das Grundstück ihre Guthaben bei der D Bank New York über ca. DM sowie US-Dollar. Letztere wurden zu einem Kurs von 1,5539 DM umgerechnet. Insgesamt erhielten die Geschwister DM.

Die Übertragungen standen unter der ausdrücklichen Bedingung, daß das Grundstück und die Währungsguthaben ausschließlich für das bereits in Planung befindliche Neubauvorhaben verwendet wurden. Die Mutter behielt sich das Rückforderungsrecht für den Fall vor, daß die genannten Bedingungen nicht eingehalten würden. Die Geschwister bewilligten zugunsten der Mutter die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung; diese sollte aber zunächst nicht eingetragen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag in der Schenkungsteuerakte (Bl. 14–23 der Schenkungsteuerakte, Vertragsakte) Bezug genommen.

Zeitlich vor der Übertragung des Grundstücks und der Gelder hatte die Mutter durch notariellen Vertrag vom 11.08.1990 ihre Anteile an den zur O Gruppe gehörenden Gesellschaften zu unterschiedlichen Anteilen auf die Geschwister übertragen. Gleichzeitig erfolgte eine Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse an den Gesellschaften. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 11.08.1990 (Bl. 3–11 der Steuerakte, Vertragsakte Bezug genommen).

In der Folgezeit wurde das Grundstück mit einem Möbelhaus, welches an die O-Gesellschaften verpachtet wurde, bebaut. Das errichtete Gebäude entsprach in seinen Dimensionen der vor Abschluß des Übertragungsvertrags vorliegenden Planung. Die Arbeiten wurden aufgrund einer von den Geschwistern durchgeführten Ausschreibung vergeben. Dabei gelang e...

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