Entscheidungsstichwort (Thema)

Organschaft, Voraussetzungen; Umsatzsteuerfestsetzung, Änderung, Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Unternehmereigenschaft des Organträgers gehört zu den Voraussetzungen der Organschaft.

2. Die wirtschaftliche Eingliederung muss nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung von zwei Organgesellschaften beruhen.

3. Der Grundsatz von Treu und Glauben hindert nicht die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen des Stpfl. Der Stpfl. verlangt aufgrund geänderter Rechtsprechung des BFH die Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzungen. Darin ist nichts Treuwidriges zu erkennen.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; MwStSystRL Art 9 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Umsatzsteuerfestsetzungen des Klägers für 2008 und 2009 aufgrund umsatzsteuerlicher Organschaft mit mehreren Personengesellschaften, deren Umsatzsteuerfestsetzungen bereits materiell unanfechtbar sind, noch geändert werden können.

Der Kläger ist selbständiger Architekt und Vermieter verschiedener Immobilien. Er hielt im Streitzeitraum jeweils 100 % der Geschäftsanteile an der E Planungsgesellschaft mbH (Planungs-GmbH) und der E Projektentwicklung GmbH (Projekt-GmbH). Die Gesellschaften wurden durch den Kläger als Geschäftsführer vertreten. Während die Planungs-GmbH Architekten- und Ingenieurdienstleistungen für Bauvorhaben erbrachte, entwickelte die Projekt-GmbH vor allem Bauprojekte und Nutzungskonzepte für Immobilien. Letztere verwaltete auch Vermietungsobjekte. Der Kläger vermietete der Planungs-GmbH und der Projekt-GmbH die für ihren Betrieb notwendige Immobilie. Zwischen dem Kläger als Organträger und der Planungs-GmbH und der Projekt-GmbH als Organgesellschaften lag – zwischen den Beteiligten unstrittig – eine umsatzsteuerliche Organschaft vor. In den Umsatzsteuerfestsetzungen für 2008 und 2009 wurden die Umsätze und Vorsteuern dieser Gesellschaften und des Klägers konsolidiert.

Der Kläger war außerdem Kommanditist der X GmbH & Co. KG (X-KG), der Y GmbH & Co. KG (Y-KG) und der Z GmbH & Co. KG (Z-KG), an deren Kapital er jeweils zu 100 % beteiligt war. Geschäftsgegenstand der X-KG war der Erwerb und die Errichtung von Immobilien sowie deren Vermietung. Die Y-KG hingegen errichtete Immobilien und verkaufte diese. Die Z-KG errichtete Eigentumswohnungen, die teilweise vermietet und veräußert wurden. Komplementär der X-KG war die X Verwaltungsgesellschaft mbH (X-GmbH), deren Geschäftsanteile zu 100 % vom Kläger gehalten wurden. Komplementär der Y-KG und der Z-KG war jeweils die G GmbH, deren Geschäftsanteile ebenfalls zu 100 % dem Kläger gehörten. Der Kläger war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sowohl der X-GmbH als auch der G GmbH.

Zwischen dem Unternehmen des Klägers einschließlich der zum Organkreis gehörenden Planungs-GmbH und Projekt-GmbH und den KGs wurden zahlreiche Leistungen gegen Entgelt ausgetauscht. So hat die Projekt-GmbH für die X-KG die Hausverwaltung übernommen. Die Baumaßnahmen und Reparaturen erbrachte die Planungs-GmbH für die X-KG. Für die Y-KG wurden sämtliche Architekten- und Ingenieurdienstleistungen für deren Bauvorhaben von der Planungs-GmbH erbracht. Für die Bauvorhaben der Z-KG erbrachte die Planungs-GmbH ebenfalls die Architekten- und Ingenieurdienstleistungen während die Projekt-GmbH die Bauprojekte insgesamt entwickelte und sich um die Vermarktung gegen Entgelt kümmerte.

Für die Y-KG wurden für 2008 und 2009 keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer für 2008 im Wege der Schätzung durch Bescheid vom 4.8.2010 auf xxx € fest. Für das Jahr 2009 erging keine Umsatzsteuerfestsetzung. Die X-KG reichte am 4.2.2010 und 7.10.2010 Umsatzsteuererklärungen für 2008 und 2009 ein, denen der Beklagte jeweils in 2010 zustimmte. Mit Bescheiden vom 17.1.2012 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer der X-KG für 2008 auf xxx € und für 2009 auf xxx € fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. Die Z-KG reichte am 6.5.2009 und 21.5.2010 Umsatzsteuererklärungen für 2008 und 2009, denen der Beklagte in 2009 bzw. 2010 zustimmte. Nachdem bei der Z-KG eine Außenprüfung durchgeführt wurde, ergingen am 19.3.2015 Änderungsbescheide, in denen der Beklagte die Umsatzsteuer für 2008 auf xxx € und für 2009 auf xxx € festsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Der Kläger reichte am 12.2.2010 eine einen Erstattungsbetrag ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2008 mit einem Umsatzsteuerbetrag von xxx € ein und am 22.12.2010 eine ebenfalls einen Erstattungsbetrag ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2009 mit einer Umsatzsteuer von xxx €, denen der Beklagte durch Mitteilung vom 10.3.2010 und 16.9.2011 jeweils zustimmte. Mit Schreiben vom 16.10.2013 beantragte der Kläger die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 und 2009. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liege mit der Z-KG,...

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