rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erörterung des Streitfalles im AdV-Verfahren; Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen bei Strohmanneigenschaft des Leistungsempfängers, Guter Glaube des Lieferers

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Erörterung des Streitfalles kommt im AdV-Verfahren grundsätzlich nicht in Betracht.

2) Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Steuerverwaltungsaktes ist die Versagung der Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG wegen Strohmanneigenschaft des Leistungsempfängers zumindest dann nicht gerechtfertigt, wenn das ausländische Unternehmen im Handelsregister geführt wird, eine Bankverbindung hat, postalisch erreichbar war und ihm von der ausländischen Finanzbehörde eine USt-Identifikationsnumer zugeteilt wurde.

3) Wurde dem Leistungsempfänger eine wirksame USt-Identifikationsnummer zugeteilt, unter der auch die tatsächliche Lieferung in das EG-Ausland erfolgte, kann der Lieferer gemäß § 6a Abs. 4 UStG grundsätzlich darauf vertrauen, daß die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 1b, § 6a, § 6a Abs. 1, 4, § 4

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen wegen vom Antragsgegner (Ag.) behaupteter Strohmanneigenschaft des ausländischen Abnehmers versagt werden kann.

Die Antragstellerin (Astin.) betreibt seit 2000 den Handel mit Mobilfunkgeräten (Handys). In ihrer Umsatzsteuer(USt)-Erklärung für das Streitjahr 2001 waren Umsätze an eine Firma E., S. (in Italien) (im Folgenden: Firma E.) i. H. v. 5.845.119,00 DM enthalten, die die Astin. als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelte. Die ab Juli 2000 tätige Firma E. hatte im Streitjahr eine Bankverbindung, war postalisch erreichbar und im italienischen Handelsregister eingetragen. Die Astin. ließ sich vom Bundesamt für Finanzen am 15.05.2001, 20.06.2001 und 17.07.2001 gemäß § 18 e UStG die USt-Identifikationsnummer der Firma E. bestätigen.

Im Februar 2003 erhielt der Ag. von der italienischen Finanzpolizei eine Mitteilung, dass die Firma E. im Januar 2002 ihre Tätigkeit eingestellt habe und es sich um eine Scheinfirma handele. Der Ag. änderte die USt-Festsetzung 2001, indem er die Umsätze der Astin. an die Firma E. als steuerpflichtigen (Brutto-)Umsatz behandelte und die USt um 798.016,50 DM (= 408.019,35 EUR) erhöhte. Der Ag. meinte, die USt-Identifikationsnummer der Firma E. sei nicht mehr gültig, das Unternehmen sei eine Scheinfirma und die Astin. habe den Buchnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht erbracht, weil nicht die USt-Identifikationsnummer des wirklichen Abnehmers aufgezeichnet worden sei. Es wird auf den USt-Änderungsbescheid 2001 vom 21.08.2003 mit Anlage Bezug genommen. Gleichzeitig wurden Zinsen zur USt 2001 i. H. v. 15.959,57 DM (= 8.160,00 EUR) festgesetzt.

Dagegen legte die Astin. Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Über den Einspruch hat der Ag. noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 21.09.2003 setzte er die streitige USt und Zinsen gegen Sicherheitsleistung von der Vollziehung aus.

Dagegen richtet sich der bei Gericht gestellte AdV-Antrag.

Die Astin. meint, sie habe alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 a UStG für innergemeinschaftliche Lieferungen erfüllt. Durch die qualifizierten Bestätigungsabfragen seien die Angaben der E. vom Bundesamt für Finanzen bestätigt worden. Die tatsächliche Verfügungsmacht an den gelieferten Waren sei dem nach außen auftretenden Lieferempfänger verschafft worden. Die Waren seien nach Italien befördert worden, was durch Unterlagen bewiesen sei. Die Astin. habe auch alles ihr Mögliche getan, um sich Gewissheit von der rechtlichen und tatsächlichen Existenz des Lieferempfängers zu verschaffen. Eine Sicherheitsleistung könne der Ag. nicht fordern, weil mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen der Astin. auszugehen sei. Die Astin. sei auch nicht in der Lage, Sicherheit zu leisten. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Astin. wird auf ihren Schriftsatz vom 03.12.2003 und 03.02.2004 Bezug genommen.

Die Astin. beantragt,

den USt-Bescheid 2001 vom 21.08.2003 ab Fälligkeit i. H. v. 408.019,36 EUR und den Zinsbescheid zur USt vom 21.08.2003 i. H. v. 8.160,00 EUR ohne Sicherheitsleistung bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung auszusetzen, hilfsweise für den Unterliegensfall, die Beschwerde zuzulassen.

Der Ag. beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Feststellung der italienischen Finanzbehörde, dass es sich bei der Firma E. um eine Scheinfirma gehandelt habe, rechtfertige es, die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen. Die Astin. habe nicht den Nachweis der Lieferung an den tatsächlichen Abnehmer erbracht. Der Umstand, dass die Firma E. im Zeitpunkt der streitbefangenen Lieferungen eine zutreffende USt-Identifikationsnummer hatte, sei unerheblich. Die Zuteilung dieser Nummer sei nämlich nicht mit einem qualifizierten Prüfverfah...

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