Entscheidungsstichwort (Thema)

Unionsrechtliche Umsatzsteuerbefreiung für nicht als gemeinnützig anerkannten Golfclub

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die entgeltliche Überlassung von Golfbällen aus dem Ballautomaten und von Caddys sowie die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Golfanlage an Nichtmitglieder gegen Greenfee und die Veranstaltung von Turnieren durch einen in den Streitjahren noch nicht als gemeinnützig anerkannten und nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Golfclub ist nicht nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei, kann jedoch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL steuerfrei sein. Für nach beiden Vorschriften nicht steuerfreie Umsätze (z. B. aus dem Verkauf von Golfschlägern) kann ggf. die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG in Anspruch genommen werden, wobei auch die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL steuerfreien Umsätze nicht zu dem für die Anwendung der Kleinunternehmerreglung maßgeblichen „Gesamtumsatz” gehören.

2. Der Zweck der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL besteht darin, durch Kostenentlastung Einrichtungen ohne Gewinnstreben zu fördern, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Sie zielt somit darauf ab, eine solche Betätigung durch breite Schichten der Bevölkerung zu fördern.

3. Eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist anzunehmen, wenn sie nicht darauf gerichtet ist, für ihre Mitglieder Gewinne zu erzielen. Entscheidend ist der Zweck der Einrichtung, nicht das tatsächliche Ergebnis ihrer Tätigkeit. Insbesondere ist es insoweit unschädlich, wenn die betreffende Einrichtung systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, wenn diese Überschüsse allein dafür verwendet werden, die umsatzsteuerlich begünstigten Ziele und Zwecke zu verwirklichen, und wenn die Gewinne nicht an die Mitglieder ausgeschüttet werden (Anschluss an FG Köln, Urteil v. 20.2.2008, 7 K 4943/05).

 

Normenkette

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. m, Art. 133 Abs. 1 Buchst. a, Art. 134 Buchst. a, b, Art. 281, 288; UStG § 4 Nr. 22 Buchst. b, § 19 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 1; AO § 55 Abs. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.04.2022; Aktenzeichen V R 48/20 (V R 20/17))

BFH (Beschluss vom 21.06.2018; Aktenzeichen V R 20/17)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerbescheid vom 12. März 2013 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 19. April 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 6. März 2015 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Leistungen des Klägers von der Umsatzsteuer befreit sind.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen im Jahre 1989 gegründeten eingetragenen Verein, der im Streitjahr (2011) nicht als gemeinnützig anerkannt war.

Zweck des Vereins ist nach der Satzung die Pflege und Förderung des Golfsports. Der Zweck wird insbesondere durch den Betrieb eines Golfplatzes und der dazugehörigen Anlagen in eigener Regie auf den Grundstücken, Gebäuden und Anlagen, die dafür von der Golfplatz S Betriebs-GmbH gepachtet wurden, verwirklicht (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 der Satzung in der Fassung vom 15. April 2011 –Satzung 2011– und Nutzungsvertrag vom 18. Juni 1989). Nach § 2 Abs. 3 dieser Satzung durften die Mittel des Vereins nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhielten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Es durfte keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. Nach § 13 Abs. 3 der Satzung 2011 sollte das Vermögen des Vereins bei dessen Auflösung oder Aufhebung an eine von der Mitgliederversammlung bestimmte Person oder Institution fallen.

Im Streitjahr hatte der Verein 320 Mitglieder. Ordentliche Mitglieder zahlten einen Jahresbeitrag von 950,– EUR zzgl. Nutzungszertifikat (pauschale Gebühr für Spielberechtigung für einen bestimmten Zeitraum) und einen einmaligen Aufnahmebeitrag (199,– EUR).

Am 25. Januar 2011 erwarb der Kläger (Verein) zum Kaufpreis von 380.000,– EUR 100 % der Geschäftsanteile an der Betriebs-GmbH. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Betriebs-GmbH war bis zur Veräußerung der Geschäftsanteile B. Diese war auch Mitglied des Vereins.

Zum Zeitpunkt der Veräußerung bestanden offene Forderungen von Mitgliedern gegenüber der Betriebs-GmbH aus langfristigen Darlehen (sog. Altdarlehen) i.H.v. 316.796,49 EUR. Diese Darlehen beruhen auf der gem. § 5 Abs. 2 der Satzung gegenüber neu eintretenden Mitgliedern festgesetzten Verpflichtung zur Hingabe von zinslosen Darlehen. Die Darlehen durften von der Betriebs-GmbH ausschließlich für Investitionen in den und die Verwaltung des Golfplatzes einschließlich der Bestr...

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