rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine außergewöhnliche Belastung bei Realisation der einer vertraglichen und wirtschaftlichen Gestaltung des Steuerpflichtigen innewohnenden Risiken. Behandlung von Steueransprüchen vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat sich der Steuerpflichtige auf eine vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung – hier die Fremdfinanzierung vermieteter Immobilien und die (Fehl-)Investition vorhandenen Kapitalvermögens in Fonds – eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind daher nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG.

2. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Finanzverwaltung berechtigt, Masseverbindlichkeiten durch Steuerbescheid gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Eine Forderung ist insolvenzrechtlich begründet, wenn der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde.

3. Soweit die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Steueransprüche als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren sind, sind sie gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Demgegenüber sind sonstige nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche insolvenzfrei und gegen den Schuldner und/oder gegen den Zwangsverwalter festzusetzen.

4. Die auf das Arbeitseinkommen, Versorgungsbezüge und Renten des Insolvenzschuldners als Neuerwerb anfallende Einkommensteuerverbindlichkeit stellt keine Masseschuld dar, sondern richtet sich gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners.

 

Normenkette

EStG § 33; InsO § 35 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 80 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.06.2019; Aktenzeichen IX B 121/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 – 2014.

Der am xxx 1945 geborene Kläger wurde in den Streitjahren einzeln veranlagt. Er erzielte im Jahr 2006 neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus Versorgungsbezügen als Oberstleutnant a.D. und sonstige Einkünfte aus einer Leibrente. Bei den Vermietungsobjekten handelte es sich um eine Eigentumswohnung in T (Anschaffungskosten: xxx; Anschaffungsjahr: 1991), ein Objekt in der H-straße in M (Afa-Bemessungsgrundlage für den entgeltlich erworbenen Teil: xxx EUR; mindestens seit dem Jahr 1989 im Eigentum des Klägers) sowie zwei Eigentumswohnungen in B, S-Straße, WE 35 (HK: xxx EUR; seit 1985 Eigentum zu ¾, nach dem Tod der Ehefrau des Klägers 1999 im Alleineigentum des Klägers) und WE 17 (HK: xxx EUR; 1994 an den Kläger durch dessen Mutter überlassen).

Am 10. Januar 2006 wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Bei Stellung des Insolvenzantrags beliefen sich die Schulden des Klägers nach dem Gläubigerverzeichnis auf etwa x,x Mio. EUR. Davon beruhten auf Grundpfandrechten Darlehen in Höhe von ca. xxx.xxx EUR. Zum Treuhänder wurde Herr Rechtsanwalt R aus W bestellt. Am 31. Januar 2006/8. Februar 2006 stellte der Kläger einen vereinfachten Antrag auf Lohnsteuerermäßigung für das Jahr 2006 und gab einen freizustellenden Betrag von xx.xxx EUR an, den der Beklagte (das Finanzamt – FA –) auf der Lohnsteuerkarte 2006 eintrug. Dem Bericht des Treuhänders vom 22. März 2006 zufolge erlitt der Kläger erhebliche Vermögensverluste durch Fehlinvestitionen in Fonds und unterlag in diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten auf Schadensersatz. Aufgrund der allgemein schlechten Lage sei er – so der Treuhänder in seinem Bericht – nicht mehr imstande gewesen, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Für die Vermietungsobjekte in M (H-Straße), T sowie B (S-Straße, Wohnung 17 und 35) wurde die Zwangsverwaltung am 11. November 2005, 16. Januar 2006, 14. März 2006 und 1. März 2006 angeordnet. Die Objekte wurden im Jahr 2006 zwangsversteigert. Der Treuhänder zog den pfändbaren Teil der Versorgungsbezüge des Klägers in den Jahren 2006 – 2012 ein, indem er sich die Beträge abtreten ließ. Es handelte sich um Beträge von xx.xxx,xx EUR (2006), xx.xxx,xx EUR (2007), xx.xxx,xx EUR (2008), xx.xxx,xx EUR (2009), xx.xxx,xx EUR (2010), xx.xxx,xx EUR (2011) und xxx,xx EUR (2012). Im Jahr 2012 schüttete der Treuhänder die eingezogenen Beträge im Wesentlichen an die Gläubiger aus.

Der Bescheid vom 4. Juli 2008, in dem die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer für das Jahr 2006 mitgeteilt wurden, wurde an den Treuhänder adressiert. Dagegen legte der Treuhänder fristgemäß Einspruch ein. Der Treuhänder gab für die Masse am 15. Februar 2010 (Früh...

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