Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein häusliches Arbeitszimmer eines Pfarrers bei Wohnung und Pfarrbüro im gleichen Pfarrhaus

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Befinden sich im Pfarrbüro eines Pfarrhauses mehrere Räumlichkeiten, in denen der Pfarrer sich einen Arbeitsplatz zur Erledigung der von ihm durchzuführenden Verwaltungsarbeiten bzw. seelsorgerischen Arbeiten einrichten könnte, so ist davon auszugehen, dass ihm ein „anderer” Arbeitsplatz” i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG zur Verfügung steht und dass somit ein Werbungskostenabzug für das in seiner Wohnung im Pfarrhaus befindliche Arbeitszimmer ausgeschlossen ist.

2. Ein „anderer Arbeitsplatz” ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist; weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. So ist ein objektiv geeigneter Arbeitsplatz vorhanden, wenn es möglich erscheint, dass der Steuerpflichtige an seiner Arbeitsstätte die geforderten Aufgaben erfüllen kann, auch wenn dies an einem anderen Platz leichter, besser und angenehmer durchführbar sein sollte.

3. Die Unterhaltung und Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers ist dann erforderlich, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für bestimmte, vom Arbeitnehmer zu erbringende, abgrenzbare Tätigkeiten überhaupt keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Dabei sind objektive Kriterien maßgebend, das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers über die Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes ist dabei unbeachtlich. Insbesondere Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers begründet sind, wie z. B. persönliche Arbeitsweise, Ansichten und Vorlieben, Gesundheitszustand, familiäre Situation, sind unerheblich.

 

Normenkette

EStG 2007 § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 1-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.02.2014; Aktenzeichen VI R 11/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen das Finanzamt zu 1/3, der Kläger zu 2/3.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war für das Streitjahr zur Einkommensteuer zu veranlagen. Er erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie solche aus Vermietung und Verpachtung. Bis 30. August 2007 war der Kläger als Pfarrer in der Gemeinde B., ab 01. September 2007 in W. tätig.

In seiner Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von insgesamt 1.454 EUR geltend. Dabei ermittelte er einen Betrag in Höhe von 819 EUR für das Arbeitszimmer in B. sowie einen Betrag in Höhe von 635 EUR für das Arbeitszimmer in Waldkirchen. Zusätzlich beantragte er die Berücksichtigung von Aufwendungen für die Ausstattung des Arbeitszimmers in Höhe von 1.120 EUR.

Der Beklagte (Finanzamt) setzte mit Bescheid vom 20. Mai 2008 die Einkommensteuer 2007 auf 4.008 EUR fest. Dabei berücksichtigte das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen für die Arbeitszimmer nicht. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach der geltenden Rechtslage nicht hätten berücksichtigt werden können, weil das jeweilige Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit des Klägers dargestellt habe.

Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2009).

Die vorliegende Klage begründete der Kläger zunächst sinngemäß dahingehend, dass – entgegen der Auffassung des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung – das jeweilige Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner betrieblichen und beruflichen Betätigung darstelle.

Nachdem gemäß § 52 Abs. 2 Satz 9 EStG die gesetzliche Regelung, welche dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 06. Juli 2010 Rechnung getragen hat, erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 mit der Folge anzuwenden ist, dass eine beschränkte Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR in den Fällen in Betracht kommt, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wurde der Kläger mit Aufklärungsanordnung vom 26. April 2011 auf die Gesetzeslage und das Erfordernis entsprechender Nachweise hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2011 erklärte sich der Kläger mit der Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 1.250 EUR bezüglich der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einverstanden.

Er erklärte, ihm stünde im Pfarrhaus in W. kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Im Rahmen der Pfarrerhofrenovierung 2007 sei das sog. Amtszimmer nicht mitrenoviert worden.

Dieses Zimmer sei nie als Amtszimmer genutzt worden und wegen Baumängeln (34 Jahre ohne Renovierung – Feuchte, Stockflecken, Schimmel, Putz fällt von der Decke usw.) nicht nutzbar. Es diene der Ablage für die anfallenden Dinge (Fotokopierpapier, Gewänder, liturgische Bücher + Geräte, usw.), da hierfür kein anderer Raum zur Verfügung stünde. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine entsprechende Bestätigung des Ordinariats nicht ausgestellt werde. Im sog. Amtszimmer bestehe eine Gesundheitsgefährdung. Er – der Kläger – werde seine Gesundheit nicht aufs Spiel setze...

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