Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Leistungsgebots. Haftungsbescheid. gerichtliche Nachprüfung der Ermessensentscheidung des FA. Haftung des Ausstellers unrichtiger Spendenbescheinigungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Leistungsgebot muss Vollstreckungsschuldner, Gegenstand und Grund der Leistung angeben und Angaben enthalten, wann, wo und wie die Leistung zu bewirken ist. Es handelt sich um einen gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Anfechtung kann aber nur mit Gründen erfolgen, die sich gegen die Zulässigkeit des Leistungsgebots richten, nicht hingegen mit Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung bzw. den Haftungstatbestand.

2. Bei der gerichtlichen Nachprüfung von Ermessensentscheidungen sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Erst während des Klageverfahrens vorgelegte Unterlagen bleiben insoweit außer Betracht.

3. Bei einer Haftung nach § 10b Abs. 4 EStG (vorsätzlich oder grob fahrlässig ausgestellte unrichtige Spendenbescheinigung) sind die Finanzämter verpflichtet, die Körperschaft in Anspruch zu nehmen. Es kommt regelmäßig nicht in Betracht, die Haftung überhaupt nicht geltend zu machen.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1, §§ 254, 5, 118 Abs. 2; EStG 1997 § 10b Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.09.2016; Aktenzeichen X R 36/15)

BFH (Urteil vom 20.09.2016; Aktenzeichen X R 36/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist der Landesverband „XY”. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), hat am 27. Dezember 2002 einen Haftungsbescheid in Höhe von … DM wegen der Ausstellung unrichtiger Spendenbescheinigungen für das Jahr 1998 erlassen. Ferner hat das FA am 28. November 2003 einen Haftungsbescheid in Höhe von … DM wegen der Ausstellung unrichtiger Spendenbescheinigungen für das Jahr 1999 erlassen. Beide Bescheide, gegen die der Kläger Einspruch einlegte, enthielten keine Zahlungsaufforderung.

Mit Schreiben vom 12. November 2007 teilte das FA dem Kläger mit, dass die Haftungsbescheide ohne Leistungsgebot ergangen sind und forderte ihn auf, die Haftungsbeträge bis 17. Dezember 2007 zu bezahlen. Mit Schreiben vom 21. November 2007 legte der Kläger gegen die Zahlungsaufforderung Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Das FA gewährte mit Bescheid vom 23. April 2008 Aussetzung der Vollziehung unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung. Nach einer Einigung über die Sicherheitsleistung wurde diese Aussetzung der Vollziehung wirksam.

Der Streit um die Spendenhaftung betreffend die Vorjahre 1996 und 1997 wurde während der o.g. Einspruchsverfahren gerichtlich ausgefochten. Das der Klage stattgebende Urteil des Finanzgerichts vom 7. März 2006 6 K 838/04 hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. Mai 2007 XI R 23/06, BFH/NV 2007, 2251 auf. Das Urteil enthielt nähere Vorgaben, welche tatsächlichen Umstände und welche rechtlichen Gesichtspunkte im zweiten Rechtsgang vom Finanzgericht zu prüfen sind. Die Prüfung führte dazu, dass das FA während des zweiten Rechtsgangs die Haftungsbescheide 1996 und 1997 änderte und nach der Herabsetzung der Haftungssumme die Klage vom Senat mit Urteil vom 7. Juli 2009 6 K 3583/07, EFG 2009, 1823, abgewiesen wurde. Dieses Urteil wurde rechtskräftig (Beschluss des BFH vom 16. März 2010 X B 131/09, BFH/NV 2010, 1453).

In Kenntnis dieser Gerichtsentscheidungen kam das FA zum Ergebnis, dass die Haftungsbescheide 1998 und 1999 mit der bisherigen Begründung nicht mehr haltbar sind und eine Überprüfung unter Berücksichtigung der Anforderungen, die in den vorgenannten Gerichtsurteilen gestellt wurden, erforderlich ist. Als Konsequenz veranlasste das FA eine neue Prüfung durch die betriebsnahe Veranlagung. Die Prüferin hatte den Auftrag, die „Aufwandsersatzspenden 1998 und 1999 in Anlehnung an die Entscheidung des Gerichts für die Jahre 1996 und 1997 zu überprüfen”. Mit Schreiben vom 16. Januar 2013 bat die Prüferin den Kläger um Vorlage der Spendenbelege 1998 und 1999 und um die sogenannten „Beauftragungen”. Mit Schreiben vom 25. Februar 2013 wiederholte die Prüferin nach Telefonaten mit dem damaligen und auch heutigen Vorstand (im Folgenden: G) die Aufforderung, die Unterlagen vorzulegen. Am 19. März 2013 gab G 19 Ordner ab, die die angeforderten Unterlagen nicht enthielten. Mit Schreiben vom 3. April 2013 teilte die Prüferin dies dem G mit und forderte erneut die Vorlage der Spendenbelege und der Beauftragungen. Nachdem der Kläger der Aufforderung nicht nachkam, stellte die Prüferin die Prüfung am 2. Mai 2013 mit der Feststellung ein, dass sie mangels näherer Unterlagen nichts prüfen könne.

Mit Schreiben vom 14. August 2013 teilte die Rechtsbehelfsstelle des FA dem Kläger mit, dass sie die Bearbeitung der bisher zurückgestellten Einsprüche nunmehr wieder aufnimmt. Ferner machte die Rechtsbehelfsstelle unter Hinweis auf die erfolglose Prüfung durch die betriebsnahe Veranlagung und insbesondere die Aussage des Vorstands G, es seien keine weiteren Unt...

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