Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Abzugs von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen greift erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 52a Abs. 10 S. 10 EStG ist dahin auszulegen, dass der Abzug von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erst ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gemäß § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG ausgeschlossen ist.

2. Der Auffassung, dass § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG bereits vor dem 1.1.2009 anzuwenden sei, soweit (vor dem 1.1.2009 geleistete) Werbungskosten mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die erst nach dem 31.12.2008 zufließen, ist nicht zu folgen.

3. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG auch auf nach dem 31.12.2008 geleistete Werbungskosten anzuwenden ist, die mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1.1.2009 zugeflossenen sind.

 

Normenkette

EStG 2002 Fassung: 2007-08-14 § 20 Abs. 9 S. 1; EStG 2002 Fassung: 2007-08-14 § 52a Abs. 10 S. 10; EStG 2002 Fassung: 2007-08-14 § 32d; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 1, § 11 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.2014; Aktenzeichen VIII R 60/13)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 29. Januar 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2012 wird dahin geändert, dass die Einkommensteuer auf 93.799 EUR festgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2008 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger nahm im Mai 2008 bei der Sparkasse einen Kredit in Höhe von 300.000 EUR auf, der am 30. Januar 2009 zurückzuzahlen war; als Sicherheit des Kredits verpfändete der Kläger sein Festgeld mit einem Mindestguthaben von 300.000 EUR. Der Darlehensbetrag – und weitere 600.000 EUR des Klägers – wurden am 19. Mai 2008 seinem Festgeldkonto bei der Sparkasse gutgeschrieben; der Festgeldkontostand betrug zum 19. Mai 2008 900.001 EUR. Im Jahr 2008 leistete der Kläger Zinsen für den Kredit in Höhe von insgesamt 10.281,25 EUR. Am 30. Januar 2009 wurden dem Festgeldkonto Zinsen für die Zeit vom 5. Mai 2008 bis 30. Januar 2009 in Höhe von 29.812,53 EUR abzüglich 7.052,63 EUR Kapitalertragsteuer und abzüglich 387,89 EUR Solidaritätszuschlag gutgeschrieben. Am selben Tag buchte der Kläger die angelegten 900.001 EUR und die (Netto-)Zinsen in Höhe von 22.372,01 EUR auf ein anderes Konto um und tilgte durch eine weitere Umbuchung den Kredit.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger die Zinsen für den Kredit als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte die Schuldzinsen bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 2008 mit Bescheid vom 29. Januar 2010 nicht, da die Überschusserzielungsabsicht nicht gegeben sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2012 über den hiergegen gerichteten Einspruch der Kläger erhöhte das FA die Einkommensteuer, weil es eine – zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehende – verdeckte Gewinnausschüttung bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen erfasste. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Die Versagung des Schuldzinsenabzugs stützte das FA – das die Überschusserzielungsabsicht hinsichtlich der Festgeldanlage inzwischen nicht mehr verneint – auf § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG) vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912).

Mit ihrer Klage bringen die Kläger im Wesentlichen vor, das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG i.d.F. des UntStRefG betreffe nicht Werbungskosten, die bereits im Jahr 2008 gezahlt worden seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 29. Januar 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2012 dahin zu ändern, dass die Schuldzinsen in Höhe von 10.281,25 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet. Das FA hat zu Unrecht angenommen, dass die Schuldzinsen nach § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG nicht als Werbungskosten abziehbar sind.

1. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht mehr im Streit, dass die Schuldzinsen (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen sind; eine Festgeldanlage führt zu Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

a) Schuldzinsen sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit sie...

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