Entscheidungsstichwort (Thema)

Smoking keine Berufskleidung. Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG 1999 gemeinschaftsrechtswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Smoking ist auch bei einem Piano-Entertainer keine typische Berufskleidung und unterliegt daher dem Abzugsverbot für „gemischte” Aufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG.

2. Das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG 1999 für Aufwendungen der Lebensführung, die einkommensteuerlich dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG unterliegen, ist mit Art. 17 Abs. 2, 6 der Sechsten EG-Richtlinie unvereinbar. Der Unternehmer kann sich insoweit auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht berufen (hier: Vorsteuerabzug für Smoking eines Entertainers).

3. Wird der Smoking fast ausschließlich für die Bühnenauftritte als Piano-Entertainer verwendet und allenfalls gelegentlich privat mitbenutzt, so kann eine Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1 UStG 1999 unterbleiben.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1a Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1; EStG § 12 Nr. 1 Sätze 1-2; Richtlinie (EWG) Nr. 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 6 Unterabs. 2

 

Tenor

1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 12. September 2002 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer 2001 auf 4.367,80 EUR (= 8.542,68 DM) festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Vorsteuerabzug für vom Kläger erworbene Kleidungsstücke ausgeschlossen ist.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Piano-Entertainer. Er trat dabei u.a. mit Smoking, anderen eleganten dunklen Anzügen und auffallenden Accessoires mit Glitzereffekten auf. In seiner Umsatzsteuererklärung für 2001 errechnete er eine Umsatzsteuerschuld i.H.v. 8.178,18 DM. Dabei machte er u.a. Vorsteuern i.H.v. 680,55 DM aus Aufwendungen für Kleidung i.H.v. 4.934,– DM geltend. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte diese Aufwendungen gem. § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz –EStG– nicht als Betriebsausgaben an, kürzte hierfür den Vorsteuerabzug um 586,68 DM (geltend gemachte Vorsteuern i.H.v. 2.225,36 DM ./. anerkannte Vorsteuern i.H.v 1.638,68 DM) und setzte die Umsatzsteuer 2001 mit Bescheid vom 12. September 2002 auf 8.748,– DM (= 4.472,78 EUR) fest.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 10. April 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass es sich bei der genannten Kleidung um spezielle Auftrittsgarderobe handle, die wegen der auffälligen Effekte für private Anlässe grundsätzlich ungeeignet sei und auch nicht privat genutzt werde. Die Nichtanerkennung verstoße auch gegen Treu und Glauben, da das FA die Aufwendungen hierfür in 1998 als berufsbedingte Ausgaben anerkannt habe. Außerdem würden entsprechende Aufwendungen bei Kollegen von anderen Finanzämtern anerkannt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids vom 12. September 2002 und der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer 2001 auf 4.172,– EUR (= 8.161,– DM) festzusetzen.

Das FA beantragt

Klageabweisung

und verweist auf die Einspruchsentscheidung vom 10. April 2003.

Ergänzend bringt es vor, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten, im Gegensatz zu den Aufwendungen im Jahre 1998, um Sakkos und Hosen aus üblichen Herrenbekleidungsgeschäften handle. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass besondere Kleidung vorliege, die für private Anlässe ungeeignet sei. Im Übrigen bestehe nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung keine Bindung an die Sachbehandlung für einen vorangegangenen Veranlagungszeitraum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Einkommen- und Umsatzsteuerakten 2001 und die im Verfahren 8 K 1887/03 gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

Das FA hat die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung von Kleidungsstücken, mit Ausnahme aus der Rechnung vom 10.01.2001 über einen Smoking für berufliche Zwecke, zu Recht nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in dem Streitjahr gültigen Fassung (UStG 1999) kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG 1999 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Der Vorsteuerabzug steht also dem Unternehmer zu, der als Leistungsempfänger eine auf ihn lautende Rechnung besitzt, in der das umsatzsteuerliche Entgelt (Preis ohne Steuer) ...

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