Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähigen Schuldzinsen. keine vorrangige Verrechnung von Überentnahmen der Vorjahre mit Unterentnahmen des Folgejahrs. Prinzip der vorrangigen Verlustverrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verluste dürfen die Überentnahmen nicht erhöhen und sind nur mit Unterentnahmen zu verrechnen.

2. Im jeweiligen Veranlagungszeitraum sind Unterentnahmen zunächst mit Verlusten dieses Jahres auszugleichen. Nicht verrechnete Verluste sind getrennt festzuhalten und vorzutragen; sie sind in den Folgejahren primär mit Unterentnahmen dieser Jahre zu verrechnen.

3. Eine vorrangige Verrechnung von Überentnahmen der Vorjahre mit Unterentnahmen des Folgejahrs widerspricht dem Prinzip der vorrangigen Verlustverrechnung.

4. Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG führt weder zu einer Übermaßbesteuerung noch zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4a; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.03.2018; Aktenzeichen X R 16/16)

BFH (Urteil vom 14.03.2018; Aktenzeichen X R 16/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in die Berechnung der nach § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht abziehbaren Schuldzinsen Verluste vorrangig einzubeziehen sind.

Der Kläger führt ein Autohaus und handelt mit neuen und gebrauchten Fahrzeugen. Für das Streitjahr ermittelte der Kläger für sein Einzelunternehmen durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG einen Gewinn in Höhe von … EUR. Der Kläger hat nichtabziehbare Schuldzinsen in Höhe von … EUR für 2006 berechnet und dem Gewinn hinzugerechnet.

Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte den vom Kläger erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Veranlagung.

In der Zeit vom 6.7.2009 bis zum 3.6.2011 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer ermittelte für das Streitjahr nichtabzugsfähige Schuldzinsen in Höhe von … EUR. Zur Berechnung im Einzelnen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 6.6.2011 (Tz. C. 1.19 und Anlage 6) Bezug genommen.

Das FA erließ am 2.8.2011 entsprechend den Feststellungen im Bericht über die Außenprüfung Änderungsbescheide für die Streitjahre.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung erklärte er, dass bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen im Jahr 2006 die Verluste aus den Vorjahren zu Unrecht in die Ermittlung der Überentnahmen einbezogen worden seien. Der Kläger habe vor den Streitjahren dem Betrieb mehr Einlagen zugeführt als Entnahmen aus dem Betrieb vorgenommen. Das Ziel der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG sei, dass der Betriebsinhaber bei negativem Eigenkapital dem Betrieb nicht mehr Mittel entziehen dürfe, als erwirtschaftet und eingelegt worden seien. Nach der Berechnung des FA würden ab dem Jahr 2006 Schuldzinsen hinzugerechnet, die aus Verlusten der Vorjahre entstanden seien. Der Kläger habe im Jahr 2006 eine Nettoeinlage in Höhe von … EUR geleistet und einen Gewinn in Höhe von … EUR erwirtschaftet. Deshalb würden sich im Jahr 2006 Überentnahmen in Höhe von … EUR ergeben. Damit sei im Jahr 2006 die Hinzurechnung des FA zu hoch.

Mit Schreiben vom 19.9.2011 wies das FA den Kläger darauf hin, dass die Überprüfung der Hinzurechnungsbeträge zu einer Neuberechnung und Erhöhung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen für 2006 geführt habe.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 3.4.2014 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2006. Zur Begründung erklärte das FA, dass bei der Berechnung der nichtabziehbaren Zinsen die Verluste aus den Veranlagungszeiträumen vor den Streitjahren vorrangig mit den Unterentnahmen des Jahres 2006 zu verrechnen seien.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung trägt er vor, dass die vom FA berechneten nichtabzugsfähigen Schuldzinsen für 2006 zu hoch seien. Die Überentnahmen (Stand 1.1.2006) seien durch die Einlage im Jahr 2006 nahezu ausgeglichen worden. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten seien im Jahr 2006 u.a. durch Einlagen vermindert worden. Dadurch seien auch die Zinszahlungen im Jahr 2006 vermindert worden. Die Hinzurechnung der vom FA ermittelten nichtabzugsfähigen Schuldzinsen im Jahr 2006 würde die durch die Einlage verminderte Zinsbelastung aufheben. Dies führe zu einer Übermaßbesteuerung des Klägers. Überentnahmen dürften nicht höher als der Überschuss der Entnahmen über die Einlagen sein. Und Verluste dürften für sich genommen nicht zu Überentnahmen führen. Entscheidend sei aber, dass nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG die Reihenfolge der Verrechnung vorgegeben sei.

Bei einer Verzinsung der Überentnahmen mit 6 % seien Schuldzinsen in Höhe von … EUR dem Gewinn hinzuzurechnen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 2.8.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.4.2014 zu ändern, nichtabzugsfähige Schuldzinsen in Höhe von … EUR anzuerkennen, einen Gewinn in Höhe von … EUR zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2006 … zu verminde...

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