Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung private Vermögensverwaltung vs gewerblicher Wertpapierhandel: Berücksichtigung von Verlusten eines Steuerberaters aus umfangreichen Wertpapiergeschäften. Einkommensteuer 1989

 

Leitsatz (amtlich)

Der Handel mit Wertpapieren überschreitet die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit nicht bereits dadurch, dass der Kapitalanleger planmäßig vorgeht, Geschäfte in erheblichem Umfang tätigt, die Käufe teilweise fremdfinanziert und zur Abwicklung auf seine berufsspezifischen Kenntnisse als Steuerberater zurückgreift, solange nicht eine betriebliche Organisation unterhalten wird, die sich deutlich von der Verhaltensweise eines Privatanlegers unterscheidet.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 23 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.07.2003; Aktenzeichen X R 7/99)

 

Tenor

1. Der Kläger hat mit seiner als Effektenhandel bezeichneten Tätigkeit im Streitjahr 1989 keinen Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG unterhalten.

2. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Gegen die Kläger, zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, erging am 27. Juni 1993 ein Einkommensteuerbescheid für 1989, der u. a. den Vorbehalt der Nachprüfung trägt. Auf den Einspruch der Kläger setzte der Beklagte (das Finanzamt = FA) die Einkommensteuer für 1989 mit Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 1993 auf 112.012 DM herab. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Mit der hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger erstmals vor, seit 1984 – und auch im Streitjahr 1989 – einen gewerblichen Wertpapierhandel betrieben zu haben.

Im Rahmen dieser –Tätigkeit habe der Kläger im Streitjahr 1989 einen Verlust von 119.431,31 DM erzielt. Die Summe der Verlustvorträge aus den Jahren 1985 bis 1988 betrage 610.306 DM.

Nach seinem eigenen Vorbringen im Erörterungstermin vom 5. Mai 1998 hat der Kläger sich im Jahr 1984 dazu entschlossen, verfügbares Vermögen in den Umsatz von Aktien und anderen Wertpapieren sowie Währungen und Metallen zu investieren. Gelegenheit habe sich dazu aus einer Grundstücksveräußerung im Jahr 1984 ergeben. Der Kläger … … hat nach seinem Vorbringen seine anderweitigen geschäftlichen Verbindungen im Zuge der Zeit abgebaut und seine mitunternehmerische Beteiligung dann im Jahr 1989 ganz aufgegeben. Der Kläger hat mit zunehmender Dauer seiner Wertpapiergeschäfte hohe Vermögenswerte umgeschichtet. Die Geschäfte wurden über Banken abgewickelt. Der Kläger hat im Laufe der Zeit sechs Banken eingesetzt. Als die Geschäfte insbesondere im Jahr 1986 anstiegen, hat sich der Kläger angabegemäß durch einen pensionierten Bankdirektor beraten lassen, der ihm auch die Kontakte zu den einschlägigen Banken verschafft habe. Ein Entgelt hat er dafür nicht entrichten müssen. Seine Informationen für die Geschäfte verschaffte sich der Kläger zunächst über die Banken, später auch über das Informationsfernsehprogramm „n-tv”. Seit 1997 ist der Kläger per Computer an einen privaten Datenlieferanten angeschlossen, der ihm aktuelle Börsenstände übermittelt. Im Jahr 1998 hat er auch Verbindung mit einem renommierten amerikanischen Broker Institut für den Handel … angeknüpft und den Handel dort begonnen.

Im Erörterungstermin erklärte der Kläger, die Geschäfte in seinen Privaträumen abgewickelt zu haben. Gelegentlich habe auch jemand aus seinem … Büro hierfür etwas geschrieben. Im Schriftsatz vom 19. Mai 1998 ergänzte der Kläger, sämtliche Arbeitsräume seiner freiberuflichen Tätigkeit befänden sich im gleichen Gebäude und stünden dem Kläger außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit für den Effektenhandel ständig zur Verfügung. Für die Börsenberichte des Senders CNN sei ein eigener Fernseher angeschafft und im Büro installiert worden.

Der Kläger hat dem Gericht Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre ab 1984 vorgelegt. Aus ihnen ergibt sich, daß der Kläger zunächst nur Teile seiner Wertpapierbestände umschichtete. Der Einsatz von Wertpapieren wuchs allerdings in den Folgejahren. Die Schlußbilanz für das Streitjahr 1989 und jene für die Jahre 1990 bis 1992 weisen keine Wertpapierbestände zum Jahresschluß auf. Die Wareneinsätze betrugen:

1984

0 DM

1985

117.364,27 DM

1986

521.694,56 DM

1987

2.044.207,81 DM

1988

4.870.191,04 DM

1989

4.522.366,62 DM

1990

4.683.691,74 DM

1991

3.357.391,07 DM

1992

8.033.913,91 DM.

Im Materialaufwand für 1987 sind Fremdwährungen in Höhe von 161.479,29 DM und im Materialaufwand für 1988 Metallkonten in Höhe von 456.237 DM enthalten.

Dem stehen folgende Umsatzerlöse und Ergebnisse gegenüber:

Jahr

Umsatz

Ergebnis

1984

0 DM

+

10.222,50 DM

1985

107.143,21 DM

./.

61.491,44 DM

1986

497.143,33 DM

./.

119.900,72 DM

1987

2.028.276,88 DM

+

10.791,25 DM

1988

4.526.951,24 DM

./.

350.308,71 DM

1989

4.559.187,05 DM

./.

119.423,31 DM

1990

4.914.647,31 DM

+

308.207,27 DM

1991

3.269.209,50 DM

./.

127.941,78 DM

1992

8.353.516,26 DM

+

230.780,98 DM.

In den Gewinn- und Verlustrechnungen tauchen ferner Zinsaufwendungen wie folgt auf:

1984

4.677,82 DM

...

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