Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Besteuerung der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG verstößt nicht gegen Europarecht.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3; Richtlinie 69/335 EWG

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen II R 65/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist nur noch, ob die Besteuerung einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gegen europäisches Recht (Richtlinie 69/335 EWG vom 17.7.1969) verstößt.

Die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin hielt am 1.12.1999 Aktien der NPN AG (NPN). Am 1.12.1999 wurden die restlichen Aktien der NPN in die Klägerin im Rahmen einer Kapitalerhöhung eingebracht. Zum Vermögen der NPN gehörten unstreitig im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn Grundstücke, weil deren 100 %ige Tochtergesellschaft D-GmbH Eigentümerin von Grundstücken war.

Der Beklagte (Finanzamt) sah aufgrund des Einbringungsvorganges den Tatbestand der Vereinigung aller Anteile einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG als erfüllt an und stellte mit Feststellungsbescheid nach § 17 GrEStG vom 8.2.2000 die Besteuerungsgrundlagen für 14 Grundstücke gesondert fest. Dieser Bescheid wurde aufgrund der Änderung der Wertfeststellungsbescheide für die Grundstücke während des Einspruchsverfahrens geändert, zuletzt mit Bescheid vom 28.9.2001 (Bl. 6 Finanzamts-Akte), die Summe der Besteuerungsgrundlagen betrug zuletzt 18.095.000 DM. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 2.9.2003 (Bl. 18 Finanzgerichts-Akte) wird Bezug genommen.

Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 GrEStG vom 8.2.2001 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.9.2001 und der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2003 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung macht sie ausdrücklich nur geltend, dass § 1 Abs. 3 GrEStG gegen die Richtlinie 69/335 EWG verstoße. Nach Art. 4 Abs. 1 c) der Richtlinie könne für diesen Vorgang nur eine Gesellschaftsteuer erhoben werden, die jedoch in der Bundesrepublik abgeschafft sei. Nach Art. 10 der Richtlinie dürften neben der Gesellschaftsteuer grundsätzlich keine anderen Steuern erhoben werden. Ein unter Art. 12 der Richtlinie fallender Ausnahmetatbestand liege nicht vor, zwar dürften nach Buchstabe b) dieser Vorschrift Besitzwechselsteuern, also auch Grunderwerbsteuer auf die Einbringung von Liegenschaften erhoben werden. In der Streitsache seien jedoch keine Liegenschaften i.S. dieser Vorschrift eingebracht worden. § 1 Abs. 3 GrEStG fingiere lediglich einen Grundstückserwerb. Tatsächlich seien jedoch keine Grundstücke, sondern Gesellschaftsanteile übertragen worden. Die Klägerin verweist insoweit auf einen Aufsatz von Spengel und Dörrfuß in DStR 2003, 1059 und regt eine Vorlage der Streitfrage an den Europäischen Gerichtshof an.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 19.9.2003 (Bl. 1 Finanzgerichts-Akte) und 18.11.2003 (Bl. 64 Finanzgerichts-Akte) sowie des Finanzamts vom 24.10.2003 (Bl. 61 Finanzgerichts-Akte) Bezug genommen.

Am 16.11.2005 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

§ 1 Abs. 3 GrEStG verstößt nicht gegen EU-Recht.

Der Senat braucht die Frage nicht zu vertiefen, ob die Richtlinie 69/335 EWG in der Streitsache überhaupt einschlägig ist, weil Art. 12 Abs. 1 b) dieser Richtlinie ausdrücklich die Erhebung von Besitzwechselsteuern auf die Einbringung von Liegenschaften gestattet.

Die Grunderwerbsteuer ist eine Besitzwechselsteuer in diesem Sinne. § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst die Fälle, in denen eine Einbringung von Gesellschaftsanteilen bzw. eine Kapitalveränderung die Rechtszuständigkeit an einem Gesellschaftsgrundstück ändert. Dass es sich hierbei um einen letztlich „fingierten” Grundstückserwerb handelt, ändert nichts daran, dass durch die auf der Einbringung beruhende Anteilsvereinigung ein Besitzwechsel am Grundstück besteuert wird, der unter die Ausnahmevorschrift des Art. 12 Abs. 1 b) der Richtlinie fällt. Diese Vorschrift kann nicht einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass ihre Voraussetzungen nur bei förmlichen Grundstücksübertragungen erfüllt wären. Bei Besitzwechselsteuern, insbesondere der Grunderwerbsteuer, ist es allgemein üblich, nicht nur förmliche Übertragungen, sondern auch diesen im Ergebnis gleichkommende wirtschaftliche Übertragungen zu besteuern. Dies ergibt sich z.R. deutlich aus § 1 Abs. 2 und 2 a) GrEStG. Welche Vorgänge als Besitzwechsel bzw. Änderung der Rechtszuständigkeit an einem Grundstück der Besteuerung unterliegen, obliegt insoweit allein dem nationalen Gesetzgeber. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass es keine allgemeine Regel gibt, Ausnahmevo...

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