Entscheidungsstichwort (Thema)

Geänderte Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Körperschaftsteuer 1989. Gewerbesteuermessbetrag 1989

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Änderung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft stellt einen Lebenssachverhalt dar, dem steuerrechtliche Bedeutung für die Besteuerung von Einkommensteilen des Organträgers zukommt. Dieses Ereignis entfaltet Wirkung für die Vergangenheit, da dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft nach der zwingenden Zurechnungsnorm des § 14 KStG in dem Kalenderjahr zuzurechnen ist, in dem die Organgesellschaft das Einkommen bezogen hat. Folglich sind die Voraussetzungen für die Änderung der gegen den Organträger ergangenen Steuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt.

 

Normenkette

AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KStG 1984 § 14 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen I R 84/03)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 23. September 1999 über die Ablehnung der Änderung des Körperschaftsteuerbescheides für 1989 und des Gewerbesteuermessbetragsbescheides für 1989 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2000 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Körperschaftsteuerbescheid für 1989 und, nachfolgend den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1989 dahin zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen bzw. der Gewerbeertrag der Klägerin jeweils um 247.586 DM vermindert werden. Die Berechnung der festzusetzenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist Organträgerin der Firma H.-GmbH (Organgesellschaft) in C. Im Veranlagungszeitraum 1989 (Streitjahr) lagen zwischen der Klägerin und der beim Finanzamt C. erfassten Organgesellschaft unstreitig die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für eine körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft vor.

Unter dem 27. August 1991 und dem 2. Oktober 1991 erließ der Beklagte (das Finanzamt –FA–) nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide für das Streitjahr über Körperschaftsteuer und über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, mit denen er antragsgemäß den Angaben der Klägerin in deren Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung folgte. Am 25. Februar 1992 erließ das FA aus Gründen, die nicht im Streit sind, einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb im Änderungsbescheid bestehen. Aufgrund einer „Mitteilung für den Organträger 1989” des Finanzamts C. vom 10. Juli 1995, welche dort aus Anlass einer Betriebsprüfung bei der Organgesellschaft gefertigt wurde, ging das FA davon aus, dass der Klägerin – als Organträgerin – ein gegenüber der bisherigen Veranlagung höheres Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen sei und erließ unter dem 21. August 1995 und dem 13. September 1995 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für das Streitjahr über Körperschaftsteuer und über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, in denen gemäß § 164 Abs. 3 AO der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 1999 ging dem FA erneut eine „Mitteilung für den Organträger 1989” des Finanzamts C. vom 30. Juni 1999 zu, aus der sich ergab, dass das der Klägerin als Organträgerin im Streitjahr zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft um 247.586 DM geringer anzusetzen sei. Grund für die geänderte Mitteilung vom 30. Juni 1999 war, dass die Organgesellschaft erfolgreich die im Jahr 1995 getroffenen Feststellungen der Betriebsprüfung des Finanzamts C. angegriffen hatte. Vor diesem Hintergrund beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 1999, den formell bestandskräftigen Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO – hilfsweise gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – zu ändern und das mitgeteilte geringere Einkommen der Klägerin als Organträgerin zuzurechnen. Ferner beantragte die Klägerin die Änderung des formell bestandskräftigen Gewerbesteuermessbetragsbescheides für das Streitjahr gemäß § 35 b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Mit Schreiben vom 23. September 1999 lehnte das FA den Änderungsantrag der Klägerin mit dem Hinweis ab, die Voraussetzungen für eine Änderung seien wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht gegeben.

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter; sie vertritt die Ansicht, das FA habe zu Unrecht die Änderung des Körperschaftsteuerbescheides vom 2...

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