Entscheidungsstichwort (Thema)

Branntweinsteuerentstehung im Steueraussetzungsverfahren. Branntweinsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Branntweinsteuer für im Steueraussetzungsverfahren ausgeführten Alkohol entsteht nicht wegen Entzugs aus diesem Verfahren allein durch die Trennung der ursprünglichen Begleitdokumente von der Ware kurz vor Erreichen der Ausfuhrzollstelle, wenn feststeht, dass die alkoholischen Erzeugnisse ohne Verschlussverletzung tatsächlich ausgeführt wurden und weder ein Austausch noch eine Veränderung der Besitzverhältnisse, der Ware oder der Transportbehältnisse stattgefunden hat.

 

Normenkette

BranntwMonG § 143 Abs. 1; Richtlinie 92/12/EWG Art. 6 Abs. 1; BranntwMonG § 142 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.10.2002; Aktenzeichen VII R 48/01)

 

Tenor

zu 1.

  1. Der Steuerbescheid vom 30. März 1998 und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
  3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger zu 1. vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der dem Kläger zu 1. zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zu 1. vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
  4. Die Revision wird zugelassen.

zu 2.

  1. Der Steuerbescheid vom 30. März 1998 und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
  3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger zu 2. vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der dem Kläger zu 2. zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zu 2. vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
  4. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in der Person der Kläger Branntweinsteuer für im Steueraussetzungsverfahren ausgeführten Alkohol dadurch entstanden ist, dass die Transportpapiere im Inland ausgetauscht worden sind.

Die Kläger führten gemeinsam mit dem Lkw … einen Transport von 26.000 Liter (96,5 Vol%), in Italien hergestelltem Alkohol durch, der zum Steueraussetzungsverfahren für die Ausfuhr in die Tschechische Republik abgefertigt worden war. Bei der Ausfuhrabfertigung am 25. Januar 1997 beim Zollamt Waidhaus meldeten die Kläger Paneelen an und legten entsprechend gefälschte Versandpapiere vor, die sie kurz vorher im Austausch gegen die italienischen Originalpapiere erhalten hatten. Der Alkohol wurde im Anschluss daran unter Zollverschluss in die Tschechische Republik aus- und eingeführt.

Mit Bescheiden jeweils vom 30. März 1998 forderte das HZA von den Klägern jeweils 639.795 DM Branntweinsteuer an.

Nach erfolglosen Einsprüchen erhoben die Kläger gegen die Einspruchsentscheidungen – EE – jeweils vom 6. Mai 1998 Klage, mit der sie im Wesentlichen Folgendes geltend machen: Sie seien lediglich als Kraftfahrer für den str. Transport eingesetzt gewesen und hätten den Alkohol an die Auftraggeber abgeliefert, ohne sich daran zu bereichern. Der Bundesrepublik Deutschland sei kein Schaden entstanden, weil der Alkohol bestimmungsgerecht ausgeführt worden sei.

Die Kläger beantragen

die Aufhebung der Steuerbescheids jeweils vom 30. März 1998 und der EE.

Das Hauptzollamt beantragt

Klageabweisung

und bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in der EE.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Hauptzollamtsakten und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage hat Erfolg.

Das HZA hat zu Unrecht mit Bescheiden jeweils vom 30. März 1998 von den Klägern jeweils 639.795 DM Branntweinsteuer angefordert.

Nach § 143 Abs. 1 Branntweinmonopolgesetz – BranntwMonG – entsteht die Branntweinsteuer, wenn Erzeugnisse während der Beförderung nach den §§ 140 bis 142 im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen werden. Erzeugnisse gelten als entzogen, wenn sie in den Fällen des § 142 Abs. 3 nicht aus dem Steuergebiet ausgeführt werden (§ 143 Abs. 1 Satz 3 BranntwMonG).

§ 143 Abs. 1 Satz 3 BranntwMonG trifft eine Regelung darüber, wann eine Ware, die im Steueraussetzungsverfahren befördert wird, als diesem Verfahren entzogen i. S. von Satz 1 gilt. Der bloße Austausch der Begleitpapiere stellt danach keinen Entzug aus dem Steueraussetzungsverfahren dar, wenn es – wie im vorliegenden Fall – feststeht, dass die alkoholischen Erzeugnisse ohne Verschlussverletzung tatsächlich ausgeführt worden sind. Weder Besitzverhältnisse noch die Waren noch die Transportbehältnisse wurden ausgetauscht oder verändert.

Im Übrigen wurde der Alkohol auch nicht dem innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren (§ 142 Abs. 2 BranntwMonG) entzogen. Die – kurz vor Erreichen der Ausfuhrzollstelle erfolgte – Trennung der Ware von den ursprünglichen Begleitdokumenten führt nicht zwangsläufig zu einem Entzug aus der zollamtlichen Überwachung (s. hierzu Friedl in Schwarz-Wockenfoth, Zollrecht, 2. Auflage, Anm. 95ff zu § 41 ZG); denn dadurch wurden zollamtliche Überw...

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