Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der Höhe der Beteiligung zu dem nach § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG maßgebenden Stichtag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Ausnahme nach § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG, wonach Bezüge i.S. des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG nicht steuerfrei sind, wenn die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft „zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar weniger als 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals” der Beteiligungsgesellschaft beträgt, gilt das strenge Stichtagsprinzip. Spätere Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse sind prinzipiell unbeachtlich.

2. Für die Bestimmung der Höhe der Beteiligung zu dem gemäß § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG maßgebenden Stichtag ist entscheidend, wer zu Beginn des Kalenderjahres wirtschaftlicher Eigentümer i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Anteile an der Beteiligungs-Kapitalgesellschaft ist.

3. Hat eine Kapitalgesellschaft vor dem 1. Januar nicht verbriefte Stückaktien einer AG unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erworben, ist sie dadurch mit knapp mehr als 10 % beteiligt und erfolgt die Kaufpreiszahlung infolge einer zunächst durchgeführten Fehlüberweisung erst nach dem 1. Januar, hat die Kapitalgesellschaft jedoch durch den Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrages bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Eigentums der Aktien gerichtete, das Gewinnbezugsrecht und mögliche Wertveränderungen der Aktien umfassende Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden konnte und zum maßgeblichen Stichtag 1. Januar auch noch fortbestand, so sind ihr als wirtschaftlicher Eigentümerin die Aktien im Hinblick auf § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG ungeachtet dessen bereits zum 1. Januar zuzurechnen, dass sie erst nach dem 1. Januar zivilrechtliche Eigentümerin der Aktien geworden ist und sie auch die Verwaltungsrechte (z.B. Stimmrecht) an der Minderheitsbeteiligung erst nach dem 1. Januar erhalten hat.

 

Normenkette

KStG § 8b Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 Sätze 1-2; AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 1; BGB §§ 158, 161 Abs. 1, § 323 Abs. 2, §§ 413, 398

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.06.2023; Aktenzeichen I R 50/19)

 

Tenor

1. Der Bescheid über Körperschaftsteuer für 2014 vom 24. Mai 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2017 wird dahingehend geändert, dass Bezüge in Höhe von … EUR bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben und 5% der Bezüge als Ausgaben berücksichtigt werden, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

2. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen wird dem Beklagten übertragen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist … Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist A.

Die Klägerin schloss am 16. Dezember 2013 einen Kauf- und Übertragungsvertrag mit B (Verkäufer) über 50 Stückaktien an der Gesellschaft C-AG (§ 1 Abs. 1 des Kauf- und Übertragungsvertrages). Die Aktien waren nicht verbrieft (vgl. Präambel des Vertrages). Der Kaufpreis betrug insgesamt … EUR und war am 16. Dezember 2013 fällig (§ 2 Abs. 1 des Vertrages). Er war auf ein Konto des Verkäufers zu überweisen (vgl. § 2 Abs. 2 des Vertrages). Der Verkäufer trat nach § 3 Abs. 1 des Vertrages „unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises sämtliche Mitgliedschaftsrechte aus den in § 1 Abs. 1 verkauften Aktien nach §§ 413, 398 BGB an den dies hiermit annehmenden Käufer ab”. Des Weiteren wurde geregelt, dass der auf die verkauften Aktien entfallende Gewinn des laufenden Geschäftsjahres sowie ein etwaiger nicht unter die Aktionäre verteilter anteiliger Gewinn früherer Geschäftsjahre allein dem Käufer (der Klägerin) zusteht (§ 1 Abs. 2 des Vertrages).

Die Vertragsparteien waren bei Vertragsschluss beide Aktionäre der C-AG, wobei der Verkäufer Hauptaktionär war. Das Grundkapital der C-AG betrug … Euro und war in 47.060 Stückaktien eingeteilt. Es handelte sich um Namensaktien, die nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragbar waren (vgl. § 5 der Satzung der C-AG). Der Vorstand der C-AG erteilte am 19. Dezember 2013 die Zustimmung zur Übertragung der Aktien auf die Klägerin (vgl. § 4 und Anlage 1 des Vertrages). Vor dem Erwerb der Aktien hielt die Klägerin 4.658 Stückaktien (Beteiligung an der C-AG: 9,898 %). Nach Erwerb der 50 Stückaktien hielt sie 4.708 Aktien (Beteiligung: 10,00425 %). Der Verkäufer hielt vor Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrages vom 16. Dezember 2013 40.049 Stückaktien der C-AG (Beteiligung von 85,1%). Nach Übertragung der Stückaktien auf die Klägerin hielt er 39.999 Stückaktien und war mit 85% an der C-AG beteiligt.

Die Klägerin nahm am 16. Dezember 2013 die Überweisung des Kaufpreises vo...

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