Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erbschaftsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für grundbuchrechtlich selbstständiges, unbebautes Grundstück neben dem Familienheim

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG muss restriktiv gehandhabt bzw. beurteilt werden (vgl. BFH, Urteil v. 23.6.2015, II R 39/13, BStBl II 2016 II S. 225).

2. Daher ist der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG dahingehend auszulegen, dass nur das grundbuchrechtlich erfasste Grundstück steuerbefreit ist, auf dem sich das Familienheim befindet. Nicht begünstigt von § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sind jedoch angrenzende (unbebaute, grundbuchrechtlich eigenständige) Grundstücke, selbst wenn eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem mit einem Familienheim bebauten Grundstück und dem unbebauten Nachbargrundstück vorliegen würde (im Streitfall: an das 1200 qm große Familienheimgrundstück angrenzendes, als Garten genutztes, 800 qm großes, unbebautes Nachbargrundstück nicht steuerbefreit).

 

Normenkette

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c; BewG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2021; Aktenzeichen II R 29/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin im Rahmen der gegen sie festgesetzten Erbschaftsteuer die Steuerbefreiung unter dem Gesichtspunkt des Erwerbs des Familienheims für ein nicht bebautes Grundstück zusteht.

Die am … 2013 verstorbene …. Erblasserin wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von ihrer Tochter … – der Klägerin – allein beerbt. Zum Nachlass zählte (neben weiterem – zwischen den Beteiligten nicht streitigen – Vermögen) u.a. eine 110 qm große Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus in X, Ystr. .., in der die Erblasserin bis zu ihrem Tod gewohnt hatte. Das Haus mit der von der Erblasserin bewohnten Wohnung sowie einer dazu gehörenden Autogarage befand sich auf einem 1.200 qm großen Grundstück (FlurNr. …), das sich im hälftigen Miteigentum der Erblasserin befunden hatte. Neben dem o.g. Grundstück (FlurNr. …) befand sich ein weiteres 800 qm großes unbebautes Grundstück (FlurNr. …/12), dessen Alleineigentümerin die Erblasserin war. Schließlich war die Klägerin auch Alleineigentümerin eines weiteren Grundstücks in X …

Die Klägerin nutzte die 110 qm große Eigentumswohnung in dem Zweifamilienhaus in X, Ystr. nach dem Tod der Erblasserin zu eigenen Wohnzwecken.

Im Rahmen der am 12. Juni 2013 beim beklagten Finanzamt (FA) eingegangenen Erbschaftsteuererklärung machte die Klägerin für den Erwerb des Grundstücks X, Ystr. die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) geltend. Daneben erklärte die Klägerin weiteren Grundbesitz in X i.H.v. 304.000 EUR.

Am 20. April 2015 erließ das FA einen nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufigen Erbschaftsteuerbescheid, in dem die Erbschaftsteuer i.H.v. 108.216,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA unter anderem einen Wert des Grundstücks X, Ystr. i.H.v. 536.648 EUR, wie von der Klägerin in der Erbschaftsteuererklärung angegeben, zugrunde. Ferner gewährte das FA die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 536.648 EUR. Gegen diesen Erbschaftsteuerbescheid legte die Klägerin keinen Einspruch ein.

Ausgehend von den – zwischenzeitlich bestandskräftigen – Bescheiden des FA M vom 2. und 9. September 2015 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts zum Todestag … 2013 erließ das FA am 9. September 2015 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Erbschaftsteuerbescheid, in dem die Erbschaftsteuer auf 214.540 EUR heraufgesetzt wurde; hierbei legte das FA der Steuerfestsetzung das Grundvermögen X, Ystr. … mit einem Wert i.H.v. 422.341 EUR zu Grunde und gewährte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 422.341 EUR. Das Grundvermögen FlurNr. …/12 in X wurde vom FA i.H.v. 400.000 EUR … zu Grunde gelegt.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2015 legte die Klägerin gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 9. September 2015 Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22. August 2016 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13. September 2016 erhobene Klage, die bei Gericht am 14. September 2016 eingegangen ist. Zur Begründung führt die Klägerin im Wesentlichen (sinngemäß) Folgendes aus: Der klagegegenständliche Erbschaftsteuerbescheid sei rechtswidrig, weil ihr die Steuervergünstigung als Familienheim auch für das unbebaute Grundstück FlurNr. …/12 in X zu gewähren sei. Auf diesem Grundstück befinde sich ein Garten, der früher von der Erblasserin und jetzt von der Klägerin genutzt werde. Der Garten auf dem Grundstück FlurNr. …/12 werde von der jeweiligen Wohnungsinhaberin gemeinsam mit dem Wohnhaus FlurNr. … genutzt und stehe nach der Verkehrsanschauung mit diesem in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Bei den beiden Grundstücken in Schäftlarn mit den FlurNr. …/12 und FlurNr. … handle es d...

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