Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertpapierhandel als vermögensverwaltende oder gewerbliche Tätigkeit. Einkommensteuer 1989, 1991, 1992, 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der An- und Verkauf von Wertpapieren, die ein branchenfremder Steuerpflichtiger in größerem Umfang tätigt, kann nicht in dessen betrieblichen Bereich verlagert werden, wenn durch erst nachträglich für den Wertpapierhandel erstellte Bilanzen versucht wird, einen betrieblichen Zusammenhang herzustellen.

2. Anschaffung verlustgezeichneter Wertpapiere: Wirtschaftsgüter, denen außerhalb des Betriebes erworbene Umstände anhaften, die im Zeitpunkt der Anschaffung oder der Einlage erkennen lassen, dass sie für den Betrieb schädlich wären, können nicht mehr zu dem gewillkürtem Betriebsvermögen gezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1, § 23 Abs. 4 S. 3, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.06.2004; Aktenzeichen IX R 35/01)

 

Tenor

1. Unter Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 wird die Einkommensteuer 1991 auf 35.818 DM, die Einkommensteuer 1992 auf 33.926 DM und die Einkommensteuer 1993 auf 7.948 DM festgesetzt.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten, die von dem Beklagten (dem Finanzamt) in den Streitjahren 1989, 1991 bis 1993 mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In den Erklärungen 1990 und 1991 hatte der Kläger einen Gewinn aus Spekulationsgeschäften (1990) und einen Verlust aus Spekulationsgeschäften (1991) erklärt. Die Veranlagungen 1991 bis 1993 erfolgten erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wobei der Gewinn aus Spekulationsgeschäften in 1990 angesetzt und der Verlust aus Spekulationsgeschäften in 1991 entsprechend der Gesetzeslage nicht angesetzt wurde. Mit Schreiben vom 11. September 1995 teilte der Kläger mit, dass es sich nicht um sonstige Spekulationsgewinne, sondern um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handele. Anhand einer Einnahme-Überschussrechnung erklärte der Kläger folgende Ergebnisse:

1991

Verkauf Wertpapiere

1.691.286,02 DM

Ankauf Wertpapiere

1.887.806,62 DM

Zinsen

47.662,64 DM

Verlust

244.185,24 DM

1992

Verkauf Wertpapiere

2.009.137,39 DM

Ankauf Wertpapiere

1.988.033,26 DM

Zinsen

74.684,57 DM

Verlust

53.580,44 DM

Mit Schreiben vom 28. November 1995 erklärte der Kläger aus seinem Wertpapierhandel einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 166.432,97 DM. Das Finanzamt setzte in Änderungsbescheiden der Jahre 1991 bis 1993 die erklärten Einkünfte aus dem Wertpapierhandel an. Die Änderungsbescheide 1991 bis 1993 ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Berücksichtigung eines Verlustrücktrages aus 1990 und 1991 führte zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheides 1989.

Der Kläger hatte einen Handel mit verschiedenen Wertpapieren (Aktien, Optionsscheine, Investmentanteile) betrieben. Die Geschäfte wurden von den Banken in seinem Auftrag abgewickelt. Dabei war der Kläger nur für sich tätig. Geschäfte für fremde Dritte sind nicht getätigt worden.

In 1996 fand für die Jahre 1991 bis 1993 bei dem Kläger eine Betriebsprüfung statt. Während dieser Prüfung wurden für den Wertpapierhandel Bilanzen erstellt, verbunden mit dem Antrag, folgende Ergebnisse des Betriebsvermögensvergleichs der Besteuerung zugrunde zu legen:

1991

./.135.424 DM

1992

./.292.170 DM

1993

+226.145 DM

Lohnaufwendungen, Raum- oder sonstige Bürokosten wurden nicht als Betriebsausgaben erklärt. Der Prüfer rechnete diese Tätigkeiten des Klägers der privaten Vermögensverwaltung zu. Das Finanzamt schloss sich der Rechtsansicht des Prüfers an und erlies geänderte Einkommensteuerbescheide 1989, 1991 bis 1993. Auf die geänderten Einkommensteuerbescheide 1989, 1991 bis 1993, jeweils vom 2. Januar 1996, wird verwiesen. Im Einspruchsverfahren vertrat der Kläger die Auffassung, dass ein gewerblicher Wertpapierhandel vorliege. Der Handel habe eine büromäßige Organisation erfordert. Neben der Klägerin sei noch eine fremde dritte Frau beschäftigt gewesen. Ihre Aufgabe habe darin bestanden, Schriftstücke auszufertigen, Vorschläge einzuholen und den Handel zu überwachen. Im Einspruchsverfahren wurden die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 aus anderen Gründen geändert. Auf die Änderungsbescheide 1992 und 1993, jeweils vom 14. Februar 1997, wird verwiesen. Das Finanzamt blieb bei seiner ablehnenden Haltung. Es vertrat die Auffassung, dass ein geschätzter Gehaltsanteil von 6.000 DM pro Jahr auf den privaten Wertpapierhandel entfalle, sodass dieser Anteil nicht mehr als Betriebsausgabe bei der sonstigen gewerblichen Tätigkeit des Klägers abzugsfähig sei. Dies führe bei Aufrechterhaltung der Einsprüche zu einer Verböserung. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1999 wurden die bisherigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers in den Jahren 1991 bis 1993 um einen geschätzten Lohnanteil in Höhe von 6.000 DM gemindert. Auf...

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