Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für einen Forstbetrieb nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei Erwerb von Waldgrundstücken. Prämissen der BFH-Rechtsprechung zum aussetzenden Forstbetrieb nicht mehr zeitgemäß. steuersubjektübergreifende Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht bei nachhaltig wirtschaftenden Forstbetrieben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die der Rechtsprechung des BFH zum aussetzenden Forstbetrieb zu Grunde liegenden Prämissen – insbesondere, dass zwischen der Aufforstung der Waldfläche und der Holzernte eine der Umtriebszeit der betreffenden Holzart entsprechende Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten liegt, in der sich die Bewirtschaftung im Wesentlichen auf die Bestandspflege beschränkt – entsprechen nicht mehr der Lebenswirklichkeit. Daraus ergibt sich, dass diese Betriebsform nicht (mehr) als für kleinere Privatwaldungen so typisch angesehen werden kann, dass eine Vermutung dafür spricht, dass ein sich im Zustand der Nichtbewirtschaftung befindlicher Wald einen aussetzenden Forstbetrieb darstellt.

2. Allein dadurch, dass sich aufgrund des ständigen natürlichen Wachstums der Bäume ein Wertzuwachs des Holzbestands ergibt, kann noch nicht auf das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs geschlossen werden.

3. Es ist zweifelhaft, ob sich nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04 die in der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH ohne gesetzliche Grundlage angenommene Ausnahme vom Grundsatz der subjektbezogenen Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht für nachhaltig wirtschaftende Forstbetriebe, in denen die lange Umtriebszeit zwischen Aufforstung und Ernte berücksichtigt werden müsse, noch aufrechterhalten lässt.

4. Da im Streitfall nicht festgestellt werden konnte, dass auf einem der Waldgrundstücke irgendwelche Bewirtschaftungsmaßnahmen vorgenommen worden sind und auch eine Nutzung durch Holzverkäufe oder -verwertung nicht stattgefunden hat, hat der Kläger keinen forstwirtschaftlichen Betrieb geführt.

 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.03.2017; Aktenzeichen VI R 86/14)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 16. Februar 2012 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung wird die Einkommensteuer 2008 auf 8.794 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1944 geborene Kläger ist pensionierter Sparkassenleiter. Er wurde im Streitjahr 2008 mit der Klägerin zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 11. Juli 1994 erwarb der Kläger ein 4,92 ha großes Waldgrundstück Gemarkung R, Flurnummer … in der Gemeinde S im Landkreis X zum Kaufpreis von 147.600 DM (Quadratmeterpreis 3 DM). Mit notariellem Vertrag vom 25. April 1997 erwarb er von einer Erbengemeinschaft ein 1,308 ha großes Waldgrundstück Gemarkung K, Flurnummer … Gemeinde K im Landkreis Y zum Kaufpreis von 10.000 DM (Quadratmeterpreis 0,76 DM) und mit notariellem Vertrag vom 5. November 2004 ein 1,2403 ha großes Waldgrundstück Gemarkung K, Flurnummer …, ebenfalls in der Gemeinde K im Landkreis Y, zum Kaufpreis von 6000 EUR (Quadratmeterpreis 0,48 EUR). Mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 2007 verkaufte der Kläger sämtliche drei Grundstücke an Herrn H zum einheitlichen Kaufpreis von 186.380 EUR. Dies entspricht einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 2,50 EUR. Der Kaufpreis ist dem Kläger im Januar 2008 zugeflossen.

Der Kläger hat in seinen Einkommensteuererklärungen keine Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft erklärt. Die Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr hat das Finanzamt zunächst mit unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Bescheid vom 25. Februar 2011 erklärungsgemäß ohne Berücksichtigung von Einkünften aus Land und Forstwirtschaft durchgeführt. Nach Überprüfung des Sachverhalts durch eine betriebsnahe Veranlagung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass es sich bei den drei Waldgrundstücken des Klägers mit insgesamt 7,46 ha um einen forstwirtschaftlichen Betrieb gehandelt hat, welcher am 14. Dezember 2007 mit einem Veräußerungsgewinn von 96.040,15 EUR veräußert worden ist (Kaufpreis mit 186.380 EUR ./. Anschaffungskosten 90.339,85 EUR). Dieser sei mit Zahlung des Kaufpreises im Jahr 2008 zugeflossen. Mit Einkommensteueränderungsbescheid 2008 vom 16. Februar 2012 setzte das Finanzamt beim Kläger Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft in Höhe von 96.040 EUR an und zog hiervon einen – vom Kläger hilfsweise beantragten – Freibetrag nach § 14 EStG i.V.m. § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 45.000 EUR ab.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Der Kläger war der Auf...

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